Einsätze je nach Bundesland

    • Wird nicht umgesetzt
    • TheOssi schrieb:

      Interessant finde ich, dass in den von Sweetchuck genannten Indikationskatalog, so sehr auf dem Schlaganfall rumgeritten wird. Eine akute Lähmung eines Armes/Beines/einer Körperhälfte ist ja primär erstmal nicht lebensgefährlich und effektive Maßnahmen vor Ort sind ebenso wenig gegeben.
      In Bottrop wird dieser Katalog z.B. 1:1 so umgesetzt, teilweise noch härter. Ein Apoplex ist in Bottrop aufgrund der drohenden Lebensbedrohligkeit eine NA-Indikation.


      TheOssi schrieb:

      "Herr Disponent, warum haben Sie bei einer offensichtlichen Unterzuckerung keinen Notarzt alarmiert? Die Empfehlungen der BÄK sind in der Hinsicht ja eindeutig."
      Antwort des Disponenten: "Weil in unserem Kreis ein Rettungsassistent befugt ist Glucose i.v. zu verabreichen und es am Telefon keine Anzeichen auf eine akute vitale Gefährdung mit Bewusstseinstrübung entstanden sind. Der alarmierte Rettungswagen hätte auch jeder Zeit einen Notarzt nachfordern können. Bei weiteren Fragen und Anregungen wenden Sie sich doch bitte an unseren ÄLRD".
      Status 10
    • Leitessen schrieb:

      Der alarmierte Rettungswagen hätte auch jeder Zeit einen Notarzt nachfordern können. Bei weiteren Fragen und Anregungen wenden Sie sich doch bitte an unseren ÄLRD
      Womit der schwarze Peter zweimal weitergeschoben wurde, die Frage aber dieselbe bleibt. Beim RA kommt hinzu (so er denn keinen NA nachgefordert hat), warum er wissentlich eine Anordnung befolgt, wie nicht gesetzeskonform ist und gegeben wurde von jemandem (ÄLRD), der keine rechtliche Instanz ist und folglich nicht über dem Heilpraktikergesetz steht (was ja ein Bundesgesetz ist, folglich steht da ziemlich wenig drüber) und der ÄLRD wie er dazu kommt, eine ärztliche Maßnahme (Zugang UND Therapie durch Medikamentengabe) regelhaft einem Nicht-Arzt zu übertragen.

      Ich weiß nicht, wie es bei Euch läuft, aber in allen Verfahrensanweisungen/SOP, steht NA-Ruf als wichtiger Punkt drin ganz nah bei den zu leistenden (invasiven) therapeutischen Maßnahmen drin.
    • TheOssi schrieb:

      Wenn ein Fall denn nun aber mal vor Gericht geht (aus welchem medizinischen Grund auch immer), werden zumeist die Empfehlungen der BÄK herangezogen und oftmals einem Gutachten geichgesetzt. "Herr Disponent, warum haben Sie bei einer offensichtlichen Unterzuckerung keinen Notarzt alarmiert? Die Empfehlungen der BÄK sind in der Hinsicht ja eindeutig." Und dann kommt Herr Disponent schon in Erklärungsnot.
      In erster Linie wird man da dann geltendes Landesrecht anwenden, denn nach diesem ist sich zu allererst zu richten (hier wären wir wieder beim Föderalismusprinzip). Gibt aber das Landesrecht keine eindeutige Handlungsanweisung vor, wird man sich sicherlich auf die Empfehlungen stützen, da gebe ich Dir recht.

      TheOssi schrieb:

      Interessant finde ich, dass in den von Sweetchuck genannten Indikationskatalog, so sehr auf dem Schlaganfall rumgeritten wird. Eine akute Lähmung eines Armes/Beines/einer Körperhälfte ist ja primär erstmal nicht lebensgefährlich und effektive Maßnahmen vor Ort sind ebenso wenig gegeben.
      Naja, ein "Rumreiten" würde ich das jetzt nicht nennen. Schließlich gibt es den Hinweis als ersten Satz: "Bei Verdacht auf fehlende oder deutlich beeinträchtigte Vitalfunktion ist der Notarzteinzusetzen!" Bei einem akuten Apo schickt man 'nen NA mit, wenn die Besatzung aber sagt "Brauch ich ned zwingend, weil vital stabil und Weg zur Klinik ned weit" dann bestellt man den NA auch wieder ab.
    • Leitessen schrieb:

      Dann frage ich mich, wie Hessen es schafft so viele Mediakmente für RAs freizugeben (Was ja beinhaltet, dass man einen Zugang legt).
      Wo kein Kläger, da kein Richter.


      Manu Schwarzenberger schrieb:

      In erster Linie wird man da dann geltendes Landesrecht anwenden, denn nach diesem ist sich zu allererst zu richten
      Klar, da existiert dann ja auch eine rechtliche Grundlage, für deren Befolgung niemand haftbar gemacht werden kann. Geht was schief, ist dann allerhöchstens das Landesrecht zu hinterfragen.
    • Leitessen schrieb:

      Da müssten doch schon längt andere "Ärzte" oder die Bundesärztekammer "Alarm" geschlagen haben.
      Das ist doch das selbe Thema wie die Versorgungsdefizite oder Hygienemängel in Kliniken. Viele wissen es, aber keiner will handeln oder Anzeige erstatten. Sei es wegen Arbeitsplatzangst, "weil man es schon immer so gemacht hat" oder man bisher alles Negative erfolgreich "vertuschen" konnte.
    • Invasive Maßnahmen durch Nicht-Ärzte sind Körperverletzungen. Und das ist ein Antragsdelikt. Das heißt, das Opfer (und nur das Opfer) kann da eine Anzeige einreichen. In diesem Falle also der Patient. Und um das zu tun, muss man erstmal wissen, dass der Heine am anderen Ende der Nadel die eigentlich gar nicht legen darf.
      Man darf ja auch nicht vergessen: Selbst wenn wir nen NA angefordert haben und in Notkompetenz handeln, begehen wir immer noch ne KV. Wir bleiben auf Grund des rechtfertigenden Notstands lediglich straffrei, sollte es zu ner Anklage kommen und wir nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben. Und die anderen üblichen Einschränkungen die es so gibt.
    • Bleibt mal etwas auf dem Teppich! Das bloße Legen eines Zugangs oder die Medi-Kompetenzen in Hessen auf ein "Wo kein Richter..." zu reduzieren ist fast schon unverschämt.
      Ja, auch in Hessen gibt es teils deutliche Unterschiede in der rettungsdienstlichen Versorgung, obgleich bspw. ein landeseinheitlicher NA-Indikationskatalog besteht. In "meinem" und dem Nachbarkreis gibt es seit vielen Jahren einheitliche Fortbildungen auf hohem Standard, in deren Folge das RD-Personal über umfangreiche Kompetenzen der "Erweiterten Versorgungsmaßnahmen" verfügt.
      Jeder Mitarbeiter des Rettungsdienstes muss, um in diesem RDB eingesetzt werden zu können, eine einwöchige, sich jährlich wiederholende, Pflichtfortbildung absolvieren, die mit Prüfungen abschließt. In der Folge sind beispielsweise folgende Medikamente Teil der EVM: Adrenalin, Aspirin, Cordarex, Dormicum, Glucose, Ringer, Morphin, NaCl, Nitro, Vomex und Vitamin B1. Unter anderem Zählen Maßnahmen wie i.o. Zugang, CPAP, Expremitätenreposition, etc. dazu.
      Durch eine einheitliche sich wiederholende Fortbildung nicht das Problem. Nur bekommt eine solche Organisation eben nicht jeder Kreis auf die Reihe...


      § 20 HRDG – Ärztliche Leitung des Rettungsdienstes

      (1) 1Zur Sicherstellung der effizienten und effektiven Erfüllung der Aufgaben im Bereich des medizinischen Qualitätsmanagements haben die Träger des Rettungsdienstes eine Ärztliche Leiterin Rettungsdienst oder einen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst mit bis zu einer halben Stelle pro Rettungsdienstbereich zu bestellen. 2Darüber hinausgehende Regelungen können im Einvernehmen mit den Leistungsträgern getroffen werden.
      (2) 1Die Ärztliche Leiterin Rettungsdienst oder der Ärztliche Leiter Rettungsdienst muss die Anforderungen nach den jeweils gültigen Empfehlungen der Landesärztekammer Hessen erfüllen. 2Dies ist durch eine Bescheinigung der Landesärztekammer Hessen nachzuweisen.
      (3) Die Ärztliche Leiterin Rettungsdienst oder der Ärztliche Leiter Rettungsdienst soll insbesondere im Rettungsdienstbereich
      1. 1.den Träger des Rettungsdienstes bei der Aufgabenwahrnehmung fachlich beraten und unterstützen,
      2. 2.die Einhaltung der Fortbildungsverpflichtungen für das ärztliche und nicht ärztliche Personal überprüfen,
      3. 3.die Einsatzlenkung durch die Zentrale Leitstelle beobachten und Anregungen zur Optimierung der Fort- und Weiterbildung des Personals geben,
      4. 4.Empfehlungen für ärztliches Handeln und Behandlungsrichtlinien für nicht ärztliches Personal erarbeiten, umsetzen und überprüfen,
      5. 5.eine möglichst einheitliche pharmakologische und medizintechnische Ausstattung und Ausrüstung der Rettungsmittel festlegen,
      6. 6.Empfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften sowie die aus ihrer oder seiner Tätigkeit gewonnenen Erkenntnisse gezielt in die Fort- und Weiterbildung des Rettungsdienstpersonals einbringen,
      7. 7.die Zusammenarbeit mit den Nachbarbereichen und den Krankenhäusern sowie mit ergänzenden Strukturen des Rettungsdienstes, insbesondere der Voraus-Hilfe fördern, koordinieren und überwachen.
      Leitfunkstelle Gießen - lstsim.de/leitstellen/305/
      Wiki-Seite - wiki.lstsim.de/LFSt_Gie%C3%9Fen
    • Und wo genau steht da jetzt, dass ein RettAss/NotSan ohne Nachforderung eines Notarztes

      Status3 schrieb:

      Adrenalin, Aspirin, Cordarex, Dormicum, Glucose, Ringer, Morphin, NaCl, Nitro, Vomex und Vitamin B1
      verabreichen darf? Sind das tatsächlich "Basismaßnahmen", die ein jeder - entsprechende Indikation vorausgesetzt - regelhaft, ohne dass ein NA auf dem Weg ist - durchführen darf? Wenn ja, dann frage ich mich ernsthaft, wofür Ärzte eigentlich so lange studieren, wenn es doch auch mit einem Einwochenkurs mit abschließender Prüfung getan ist?


      Status3 schrieb:

      Das bloße Legen eines Zugangs oder die Medi-Kompetenzen in Hessen auf ein "Wo kein Richter..." zu reduzieren ist fast schon unverschämt.
      Das mag Dir so erscheinen, aber - oben geschriebenes voraus gesetzt - ist es nur die Wahrheit. Denn wenn da mal was schief geht und dann ein Patient tatsächlich auch noch klagt, möchte ich nicht in der Haut des RD und erst recht nicht in der des/der ÄLRD stecken. Selbst ein popeliger Zugang kann einen in große Schwierigkeiten bringen. Denn es wird etwas durch die Haut in den menschlichen Körper eingeführt. Und damit sprechen wir schon nicht mehr von einfacher Körperverletzung, sondern sind bei der gefährlichen Körperverletzung angekommen. Und die auch noch mit Vorsatz.

      Denn Fakt ist (auch wenn ich aus den von Dir zitierten Passagen des HRDG nichts in Richtung invasiver Regelkompetenz oder der Erlaubnis zu Freigabe eben solcher herauslese), dass Bundesrecht (Heilpraktiergesetz, BTM-Gesetz) nun einmal Landesrecht (HRDG, RettG NRW und wie sie alle heißen) und ganz sicherlich auch örtliche Vorgaben (SOP, EVM, ect.) aussticht.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von TheOssi ()

    • TheOssi schrieb:

      Invasive Maßnahmen durch Nicht-Ärzte sind Körperverletzungen. Und das ist ein Antragsdelikt. Das heißt, das Opfer (und nur das Opfer) kann da eine Anzeige einreichen. In diesem Falle also der Patient.
      Bisschen OT, aber zur Klarstellung: Das ist nicht ganz richtig. Nur die einfache KV nach § 223 StGB ist ein relatives Antragsdelikt (ebenso die fahrlässige, § 229 StGB). Die StA kann ein Verfahren auch ohne Strafantrag des Verletzten einleiten, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. – Das besondere öffentliche Interesse kann man durchaus mit guten Argumenten begründen, bei einer im Rettungsdienst tätigen Person (bspw. negative Vorbildfunktion/Generalprävention).

      Es gibt zudem einige Juristen, die bei jeder Verwendung einer Injektionsnadel/Kanüle/o.ä. auch durch ärtzliches/rettungsdienstliches eine gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB) bejahen – dann wäre auch kein Strafantrag für Ermittlungen/eine Anklage erforderlich.
    • xriz4630 schrieb:

      Bisschen OT, aber zur Klarstellung: Das ist nicht ganz richtig. Nur die einfache KV nach § 223 Abs. 1 StGB ist ein relatives Antragsdelikt. Die StA kann ein Verfahren auch ohne Strafantrag des Verletzten einleiten, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. – Das besondere öffentliche Interesse kann man durchaus mit guten Argumenten begründen, bei einer im Rettungsdienst tätigen Person (bspw. negative Vorbildfunktion/Generalprävention).
      Ja, aber ich denke, da wird ein StA schon abwägen. Wenn das Ganze in guter Absicht erfolgt, ist das öffentliche Interesse sicherlich deutlich geringer, als wenn ich aus - wie hieß es neulichs doch so schön in der Presse - "aus niederen Beweggründen" bewusst nicht indizierte Medikamente verabreiche.


      xriz4630 schrieb:

      Es gibt zudem einige Juristen, die bei der Verwendung einer Injektionsnadel/Kanüle/o.ä. eine gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB) bejahen – dann wäre auch kein Strafantrag für Ermittlungen/eine Anklage erforderlich.
      Schrieb ich ja oben schon (habs jedenfalls reineditiert, bevor ich Deine Antwort gelesen habe), ist mir das bewusst. Aber auch hier - denke ich - wird kein StA von sich aus aktiv, wenn das Ganze unter bestem Wissen und Gewissen geschieht. Ausschließen kann mans natürlich nicht, deshalb sollte man dem Ganzen mit besonderer Vorsicht (und vllt. auch einem Funken Skepsis) begegnen, wenn derartige Maßnahmen regelhaft ohne NA-Nachforderung freigegeben werden.
    • Ja, wenn alles gut geht, dann wird das sicherlich so sein (dann wären wir vermutlich auch wieder bei "kein Kläger - kein Richter"). ;)

      Problematisch sind ja die Fälle, wenn etwas schief geht. Dann kommen doch i. d. R. erst die nachfragen, warum man so und nicht anders gehandelt hat. - Und je nachdem, wenn die ganze Sache noch etwas medial aufgebauscht wird (und vllt. auch die Amtsleitung nicht hinter einem steht, um die "eigene Haut zu retten"), könnte ich mir schon vorstellen, dass man dann ganz schnell der "Dumme" ist.
    • xriz4630 schrieb:

      Und je nachdem, wenn die ganze Sache noch etwas medial aufgebauscht wird (und vllt. auch die Amtsleitung nicht hinter einem steht, um die "eigene Haut zu retten"), könnte ich mir schon vorstellen, dass man dann ganz schnell der "Dumme" ist.
      Bestes Beispiel war doch der Vorfall im BRK-KV Neustadt / Aisch von 2013. Da haben wir genau diese Situation gehabt.
    • TheOssi schrieb:

      Sind das tatsächlich "Basismaßnahmen", die ein jeder - entsprechende Indikation vorausgesetzt - regelhaft, ohne dass ein NA auf dem Weg ist - durchführen darf? Wenn ja, dann frage ich mich ernsthaft, wofür Ärzte eigentlich so lange studieren, wenn es doch auch mit einem Einwochenkurs mit abschließender Prüfung getan ist?
      Nein, wie ich geschrieben habe handelt es sich hierbei um EVM, also erweiterte Versorgungsmaßnahmen die zum Wohle des Patienten erforderlich sind, aber eigentlich einem NA vorbehalten sind. Vereinfacht gesagt bedeutet das: Ein NA muss nachgefordert werden. Wenn der Patient dann dennoch unverzüglich die Therapie benötigt oder kein NA verfügbar ist, können diese Maßnahmen ergriffen werden. Woanders nennt sich das dann oft "Notkompetenz". Die bringt für das RD-Personal teils erhebliche Konflikte mit sich. Durch einheitliche, regelmäßige Pflichtzertifizierungen bzgl. dieser Maßnahmen wird aber zum einen Routine zum Wohle der Patienten erreicht, zum anderen (zumindest ein Stück weit) rechtliche Absicherung für das Personal erreicht.
      Leitfunkstelle Gießen - lstsim.de/leitstellen/305/
      Wiki-Seite - wiki.lstsim.de/LFSt_Gie%C3%9Fen