STEMO-Projekt Berlin

    • ffhamburg192 schrieb:

      Es bräuchte hier genau ein STEMO für einen Landkreis von 300.000 Einwohnern. Das stünde zentral an der Uniklinik mit Neurozentrum und würde bei V.a. Apoplex ausrücken und irgendwo mit dem bahndelnden RTW während des Transports ein Rendezvous machen.

      Natürlich ist es völlig utopischer Schwachsinn jeden RTW mit einem CT auszurüsten.

      Aber eine zentrale Platzierung an den entsprechenden Zentren wäre sicher machbar, dann sind wir vielleicht bei 150 Fahrzeugen in Deutschland. In Kombination mit einer telemedizinischen ärztlichen Betreuung braucht es sogar nur eine MRTA neben der normalen RTW-Besatzung. Das ist jetzt in meinen Augen nicht völlig unmöglich.
      Ich habe mir aufgrund Deiner Beiträge schon gedacht, dass dabei nicht wirklich etwas Handfestes rauskommt. Ich habe nicht ohne Grund gezielt nach den Begriffen wie Rettungswacheneinsatzbereiche, Risikobemessung und Duplizitäten gefragt. Ein Rettungswacheneinsatzbereich ist ein vordefinierter Ausrückbereich einer Rettungswache, die innerhalb einer bestimmten Frist alle Punkte innerhalb ihres Bereiches erreichen kann. Dafür muss man zwingend die Verkehrsinfrastruktur und die Topographie berücksichtigen, um durchschnittliche Fahrzeiten ermitteln zu können. Die Risikobemessung wird dazu genutzt, um die Vorhaltung von Rettungsmitteln für einen Rettungswacheneinsatzbereich für die Notfallrettung zu bemessen (Wahrscheinlichkeit eines Notfalleinsatzes). Dazu benötigt man diverse Parameter, wie z.B. durchschnittliche Einsatzzeit der Einsätze dieser Wache. Letztendlich beruht das Ergebnis auf die Poisson-Verteilung, damit die Anzahl der vorzuhaltenden Rettungsmittel für einen Rettungswacheneinsatzbereich errechnet werden kann. Duplizitäten, also das Auftreten gleichzeitiger Einsätze, können damit auch berücksichtigt werden. Aber warum erzähle ich Dir das? Das ein STEMO für Deinen Landkreis und ca. 150 STEMOs für ganz Deutschland ausreichend sein würde beruht sicher nicht auf wissenschaftlicher Grundlage, sondern entspringt Deiner Phantasie bzw. Deiner subjektiven Einschätzung. Das ist jedoch nicht objektiv! Beispiel: Mein Landkreis hat eine Größe von ca. 2.300km2, hat eine Achsenlänge von ungefähr 80x60km und hat knapp 1,2 Millionen Einwohner. Im Kreis sind vier neurologische Zentren, drei davon mit einer Neurochirurgie. Drei internistische IMC/CPU-Einheiten sind als Tele-Stroke Units zusätzlich verfügbar. Das Einsatzstichwort „Schlaganfall“ kommt ca. 20 bis 30-mal am Tag zum Einsatz. Um eine realistische Eintreffzeit der STEMOs gewährleisten zu können und Duplizitäten kompensieren zu können, reicht hier ein STEMO sicher nicht aus. Ohne nun in einer monatelangen Bedarfsbemessung gebunden zu sein würde ich (nun auch) vermuten, dass zwischen 4 und 6 STEMOs vorgehalten werden müssten, um eine Eintreffzeit (Fahrzeit) von 30min (doppelte Hilfsfrist zum normalen RTW) ab Alarmierung und gleichzeitige Einsätze (Duplizitäten) mit einer Bediensicherheit versorgen zu können. Wenn ich mir nun meine Nachbarlandkreise anschaue, wo würde ich auch hier vermuten, dass bei gleichen Bedingungen (30 Minuten Fahrzeit, Duplizitäten) ebenfalls 1-2 STEMOs pro Landkreis vorgehalten werden müssten (alles kleinere Landkreise wie Deiner). Nun gibt es aber mehrere Ballungszentren in Deutschland, die mit meinem vergleichbar sind (oder sogar größer sind). Hier wird es also zu einer deutlich höheren STEMO-Vorhaltung kommen müssen. Nun schauen wir uns einmal an, wie viele Landkreise und kreisfreie Städte es in Deutschland so gibt: Es gibt knapp 300 Landkreise und knapp 100 kreisfreie Städte in Deutschland. Meinst Du daher wirklich, dass 150 STEMOs da ausreichend sein werden, damit alle Schlaganfalleinsätze mit einer Bediensicherheit von 30 Minuten Anfahrt (oder Rendezvous) sowie Duplizitätseinsätze abgedeckt werden? Ich denke nein! Was sagt der Betriebskostenplan dazu? Die Anschaffung eines STEMOs müsste ich erraten, da ich nicht weiß was ein mobiles CT kostet. Fahrgestell, Kofferaufbau und rettungsdienstliche Medizintechnik ist da einfacher. Sagen wir einmal, dass das STEMO 500.000 Euro in der Anschaffung kostet. Abschreibung über fünf Jahre. Also 100.000 Euro pro Jahr für das Fahrzeug (was ist eigentlich mit technischen Reserven?). Die Betriebskosten des Fahrzeuges blende ich nun mal aus (Treibstoff, Instandhaltung, Verbrauchsmaterial). Kommen wir zu den Personalkosten: Für die ärztlichen Stellen benötigen wir 4 bis 4,5 Stellen um einen 24/7-Betrieb gewährleisten zu können. Ein Mittelwert bei Google hat ca. 60.000 Euro Jahresbruttogehalt für einen Assistenzarzt ergeben. Das nicht-ärztliche Personal müsste mit 8 bis 9 Stellen veranschlagt werden (24/7-Betrieb). Nehmen wir mal ca. 30.000 Euro Jahresbruttogehalt pro NotSan und RTA. Das macht einen Jahresbruttolohn von 540.000 Euro pro STEMO. Summa summarum sind das 640.000 Euro pro Jahr (das Berliner STEMO wurde übrigens mit 900.000 Euro in Anschaffung und Betrieb pro Jahr berechnet; vgl. Der Tagesspiegel vom 27.03.2016). Nehmen wir mal an, dass 150 STEMOs ausreichend sein sollten, so wie Du dieses sagst. Das wären dann 96 Millionen Euro pro Jahr. Nehmen wir nun einmal an, dass es eher 400 sein müssten (eines pro Kreis und kreisfreier Stadt). Dann wären wir schon bei 256 Millionen Euro pro Jahr. Nur für die STEMOs. Ohne den restlichen Rettungsdienst. Nun habe ich ja schon die These aufgestellt, dass ein STEMO pro Kreis nicht ausreichend sein wird, wenn man vordefinierte Bediensicherheiten haben möchte (ohne würde es kein Sinn machen). Gut, gehen wir nun einmal von 800 STEMOS aus (das wären 2 STEMOs pro Landkreis): 512 Millionen Euro pro Jahr! Bei der Berliner Rechnung wären das 720 Millionen Euro pro Jahr. Dem stellen wir nun einmal die Gesamtkosten des deutschen Rettungsdienstes entgegen: Ungefähr 2 Milliarden Euro. Und? Etwas bemerkt? Wäre es vielleicht sinnvoller, dass man andere Konzepte verfolgt? Ausbau von Stroke Units? Verkürzung von Hilfsfristen im Rettungsdienst? Neue oder andere Konzepte (SOP, Telemedizin, dreigeteilte Hilfsfrist, Priority Dispatch und Zero-Minute-Response, usw.)? Wie könnte man einen flächendeckenden und umfassenden gesellschaftlichen Benefit über die nächsten Jahre und Jahrzehnte für das Gesundheitswesen gewährleisten, auch mit Blick auf den Demografischen Effekt? Die jüngere und mittlere Generation, unsere Kinder und auch Enkel müssen das auch irgendwie noch bezahlen können! Ich bin gespannt...

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    • RFSW schrieb:

      Nehmen wir mal ca. 30.000 Euro Jahresbruttogehalt pro NotSan
      Da würd ich nicht für aufstehn...

      Zumindest im öffentlichen Dienst liegt das Einstiegsgehalt eines NotSan schon darüber. Und man darf ja nicht vergessen, dass der AG nicht nur das Bruttogehalt zahlen muss, sondern auch noch KV-Anteile, Versicherungen, ect. Plus PSA und sonstige Dienstkleidung.