Grober Behandlungsfehler durch RLST - Beweislastumkehr

    • Grober Behandlungsfehler durch RLST - Beweislastumkehr

      Das Kammergericht Berlin hat den Träger einer Rettungsleitstelle zu Schadensersatz in Höhe von ca. 350.000,-€ verurteilt. Die Alarmierung nur eines Rettungswagens (RTW) zu Atembeschwerden eines Asthmapatieten sei ein „grober Behandlungsfehler“ gewesen. Damit werden die Grundsätze des groben Behandlungsfehlers erstmals auch auf die Notruf-Bearbeitung in der Rettungs-Leitstelle angewendet. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung bestätigt.

      Ähm, ja. Ich lass das mal so stehen. Feuer frei.

      anwalt-bischof.de/grober-behan…tstelle-beweislastumkehr/
    • Ich finde dei Aussage "mit der Behandlung per se überforderten Rettungssanitätern" sehr ausdrucksvoll in der Hinsicht, dass sich das Gericht anscheinend nicht vernünftig mit der Marterie beschäftigt hat.
      Man muss aber auch sagen, dass man den Mitschnitt des Notrufes nicht hat und somit nicht weiß, was am Telefon gesagt wurde.
      Status 10
    • Dazu unter gerichtsentscheidungen.berlin-…&doc.price=0.0#focuspoint

      Bürgerservice Berlin-Brandenburg schrieb:

      Die Notfallindikation für einen NAW wird noch dadurch gestützt, daß nicht der Patient selbst, sondern der Zeuge S... die Leitstelle anrief. Auch darauf stützt der Sachverständige sein Ergebnis (GA Seite 5 Mitte; EGA Seite 6 aE), und auch dies ist nachvollziehbar. Betätigt nicht der Patient, sondern ein Dritter für den Patienten den Notruf, begründet das, entgegen der Behauptung des Beklagten, regelmäßig jedenfalls den dringenden Verdacht darauf, daß dem Patienten selbst eine entsprechende Notfallmeldung nicht mehr möglich ist. Es ist nicht nachvollziehbar, daß der Patient andernfalls nicht selbst anrufen würde, denn dieser vermag seine Beschwerden der Leitstelle doch aufgrund eigenen Erlebens besser zu vermitteln und mehr Einzelheiten mitzuteilen als ein nur auf eine äußerliche Beobachtung der Symptome des Patienten angewiesener Dritter. Dementsprechend rief der Zeuge S... anstelle des Patienten an, weil dieser, wie der Zeuge deutlich bekundet hat, das Handy in der Hand hielt, aber keinen Ton mehr richtig rausbekam, ohne daß der Leitstelle diese Einzelheit allerdings bekannt war. Gleichwohl war der Umstand, daß ein Dritter für den Patienten angerufen hatte, für die Leitstelle ein weiteres Alarmsignal.
      Interessante Argumentationsstruktur.

      Ob dieses Urteil in der aktuellen Situation des RD sinnvoll, wegweisend und durchdacht ist?
      Die Begründungen lesen sich jedenfalls wenig med. fundiert.
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    • Bürgerservice berlin schrieb:

      Es kommt nicht darauf an, daß die Leitstelle die Indikation 6C1A angenommen hatte. Schon gar nicht ist erheblich, daß bei einer solchen Klassifizierung kein Notarzt entsendet wird. Nicht die Üblichkeit, sondern die jeweilige Indikation entscheidet darüber, ob ein NAW zu stellen ist. Mithin ist der von der Bundesärztekammer entwickelte Standard maßgebend, wie ihn der Sachverständige beschreibt (EGA Seite 12 f.). Danach war der Patient in die Kategorie MED AN einzustufen (GA Seite 10), woraus automatisch den Einsatz eines NAW gefolgt wäre. Dieser Standard gilt bundesweit, und es ist nicht verständlich, warum er im L... B... nicht gelten sollte. Der indizierte Einsatz eines NAW kann nicht davon abhängen, in welche formelle Kategorie die telefonisch berichteten Symptome einzuordnen sind. Es kommt allein auf Art und Ausmaß dieser Symptome an, und diese verlangten nun einmal nach dem Einsatz eines NAW.
      Um was für einen Code handelt es sich hier? Ist der Code das Ergebnis einer standardisierten Abfrage der Leitstelle Berlin? Wenn ja, also wenn strukturiert nach dem Programm abgefragt wurde, ist es ja kein Fehler des Disponenten, sondern ein Systemfehler im Programm, wenn die Notarztindikation nicht in der AAO des Code´s hinterlegt wurde.
    • Leitessen schrieb:

      Ich finde dei Aussage "mit der Behandlung per se überforderten Rettungssanitätern" sehr ausdrucksvoll in der Hinsicht, dass sich das Gericht anscheinend nicht vernünftig mit der Marterie beschäftigt hat.
      Wenn es sich um einen Einsatz direkt in Berlin handelt, muss man da aufpassen. Berlin ist da nicht so weit wie andere Bundesländer, wenn es um die Qualifikationen auf den RTW (C oder B?) betrifft. Könnte auch ein RTW-B gewesen sein? Vielleicht waren dann tatsächlich nur RettSan vor Ort?

      In meiner Ecke gibt es kaum noch RettAss, so dass eigentlich immer (ein) NotSan auf einem RTW vorzufinden sind (ist).

      Hier fährt ein RTW zu Stichworten wie "Asthma" oder "Atemnot, subakut / unklar" regelhaft alleine. Und der kommt ganz oft auch alleine klar. Daher ist das...

      F. Köhler schrieb:

      Interessante Argumentationsstruktur.


      Ob dieses Urteil in der aktuellen Situation des RD sinnvoll, wegweisend und durchdacht ist?
      Die Begründungen lesen sich jedenfalls wenig med. fundiert.
      ...auch das Problem. Es öffnet Tür und Tor für weitere (verschwenderische) Entsendungen von Notärzten. Man wird bald noch mehr NEF in Berlin brauchen (wenn sich das dort zugetragen hat)!

      Leitessen schrieb:

      Man muss aber auch sagen, dass man den Mitschnitt des Notrufes nicht hat und somit nicht weiß, was am Telefon gesagt wurde.
      Genau das ist ein (oder das) Problem. Es ist erschreckend was die Bürger so am Telefon erzählen oder eben nicht erzählen.
    • 6C1A ist AMPDS Code 6 - Atemnot Charlie-1 bedeutet RTW ohne Na denn es ist keine Vitalgefährdung erkennbar und A ist Zusatzcode bekanntes Asthma. Es hat möglicherweise ein ärztlicher Gutachter ohne ausreichend es zeitgemässes Fachwissen ausschliesslich auf Grundlage von Stellungnahmen der Bundesärztekammer argumentiert. Gesundheitsland Deutschland
      - GOMERS don't die - Samuel Shem - House of God
    • Nun ist allerdings die Frage ob RTW Besatzung Kraft Ausstattung und Erlaubnis in der Lage waren, den Asthmaanfall zu versorgen bis der Notarzt kam. Denn das muss der Träger sicherstellen. Die NAW Indikation ist mehr als fraglich ohne detaillierte Darlegung des Anrufs.
      - GOMERS don't die - Samuel Shem - House of God
    • Ihr verkennt hier aber eines: Das Gericht hat den Disponenten mit einer Schwester in der Notaufnahme gleichgestellt und unterstellt, er habe eine vorläufige Diagnose gestellt.

      Nun gibt es da aber gravierende Unterschiede: Die Schwester hats den Patienten vor sich und sieht ihn. Der Disponent hat im vorliegenden Fall seine Einsatzentscheidung aufgrund einer Aussage nicht des Patienten selbst, sondern eines Dritten und der Vorgabe des standardisierten Abfragesystems getroffen.

      Es ist also unerheblich, ob der RTW oder dessen Besatzung vor Ort in der Lage war, den Patienten adäquat zu versorgen. Hier steht einzig und allein der Disponent in der Kritik.

      Abgesehen davon, dass ich es persönlich es für absolut zweifelhaft halte, dass man einem Disponenten einen Behandlungsfehler vorwerfen kann.
    • RFSW schrieb:

      Wenn es sich um einen Einsatz direkt in Berlin handelt, muss man da aufpassen. Berlin ist da nicht so weit wie andere Bundesländer, wenn es um die Qualifikationen auf den RTW (C oder B?) betrifft. Könnte auch ein RTW-B gewesen sein? Vielleicht waren dann tatsächlich nur RettSan vor Ort?
      Dazu zitiere ich mal die Kammer :P


      http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/279b/bs/10/page/sammlung.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE562292017&doc.part=L&doc.price=0.0#focuspoint schrieb:

      Auch der Sachverständige hält es nicht für schlüssig, wenn der Disponent gegenüber den Rettungsassistenten, den Zeugen, hinterher Atemnot sagt, aber bei dem vorangegangenen Anruf keine vorgelegen haben soll.
      Status 10
    • Das wirklich Schlimme an der ganzen Sache ist, dass die Hauptargumentation des Gutachters sich gegen
      ein strukuriertes Abfragesystem und für grundsätzliches Alarmieren eines arztbesetzten Rettungsmittels richtet.

      Auch wenn das Gericht in der Entscheidung ständig auf die Einzelfallbetrachtung verweist, wird es diese Wirkung auf andere
      Verfahren haben. Wenn es schlimm sein oder werden könnte....NOTARZT! Gar nicht leistbar, geschweige denn bezahlbar.

      Der Gutachter hat demnach ausführlich dargelegt, dass völlig Wumpe ist, welche Einsatzkategorie mein Notarztindikationskatalog
      vorsieht, wenn allgemeine Weltsicht dem entgegen steht.
      Aber: Atemnot oder Atembeschwerden sind ohne verifizierbare Kritierien eben dann doch nur subjektive Einschätzungen.
      Das AMPDS System sieht vor abzufragen, ob Pausen zwischen den Atemzügen, Änderung der Gesichtsfarbe oder des Bewusstseins vorliegen. Also schon eine gezielte Abfrage ob es sich erkennbar um eine akute Atemnot handelt. Darauf geht das gericht gar nicht ein.

      Früher war bei uns der entsprechende Code (6C1A) z.B.wegen der hier grundsätzlich zu erwartenden Behandlungspflichtigkeit nur mit einem NEF ohne RTW beschickt. Denn diese Patienten (Atemnot,Asthma bekannt, unkritisch) möchten oft nicht mit. Für den Patienten aus der Gerichtsentscheidung wäre demnach dann sowieso ein Delt/Echo-Code notwendig gewesen. Aber...befand sich der Anrufer beim Patienten? Dann wäre es unklarer Zustand gewesen.

      Was sich mir beim besten Willen nicht erschliesst, warum hat die Stadt Berlin denn nicht vernünftig argumentiert?
      Die behandelnde Notärztin wurde nicht gehört, weil keine konkreten Fragen vorlagen, Experten zur Korrektheit der Notrufabfrage wurden nicht beigezogen, wurde denn eine Obduktion gemacht, wurde die Rechtmäßigkeit der Beweislastumkehr überhaupt angezweifelt?
      Es sieht so aus, als habe man sich darauf verlassen die Gegenseite würde ihre Fehler schon selber machen.

      Die Arguemente der Stadt/Berufsfeuerwehr bzw deren Anwälte spielten sich wohl auf diesem Niveau ab: Atembeschwerden kann auch ein Schnutpfenpatient haben, dieses Beschwerdebild rechtferttigt keinen Notarzt. Da bleibt einem als Fachpersonal schon die Spucke weg.

      Leider leider habe ich das erste Urteil nicht finden können, die beiden späteren Urteile beziehen sich immer auf die usrprüngliche
      Urteilsbegründung und stellen die Sache nur schlaglichtartig dar.
      - GOMERS don't die - Samuel Shem - House of God