Feuer und Flamme

    • "Bei uns" heißt es ganz klar, dass eine Unterschrift nix wert ist, da der Patient immer sagen kann, er wurde nicht richtig aufgeklärt, oder er kann sich nicht dran erinnern. Der findet garantiert auch nen Gutachter, der ihm das bestätigt. Und dann hat der RTW die Kacke am Schuh. Selbst wenn der Patient offensichtlich klar ist.
      Wenn Zweifel daran bestehen - und als Zuschauer vom Fach, bestätigt von eifeler, der wie er selbst irgendwo schrieb nicht vom Fach ist, behaupte ich, da bestanden erhebliche Zweifel - ist es "mutig" den Patienten gegen Unterschrift ziehen zu lassen.

      Die Vergleiche mit den USA hinken wie üblich aufgrund der völlig verschiedenen Rechtsgrundlagen.

      Klar wird ein NA den Patienten auch eher ziehen lassen, als ne Zwangseinweisung draus zu machen.
      Aber in unseren arzthörigen Landen, wird dieser vermutlich nicht so einfach hinterfragt, wie ein Sani. Und falls doch: Kunstfehler, was soll's?

      Der Patient im Film brauchte keine akute Versorgung vor Ort. Was er brauchte, war ne vernünftige Aufklärung, welche er aber nicht bekommen hat, da hier sich selbst widersprochen und relativiert, bis hin zu in seiner Meinung bestärkt wurde.

      Und zu Manus wirtschaftlichen Interessen: Die interessieren vielleicht nen privaten. Der kommunale weiß, dass er so oder so die Asche kriegt. Steigen die Gebühren nächstes Jahr eben etwas. Viel größer ist da sicherlich das Interesse, nicht verklagt zu werden.
    • Ich glaube, das ist ein Thema, an dem man sich immer und immer wieder aufwiegeln kann. Letztendlich wird sich jemand dabei was gedacht haben, als er sich die Möglichkeit der Transportverweigerung ausgedacht hat.

      Im Allgemeinen ist die Klagementalität des Bürgers (und im Übrigen auch bei Kollegen untereinander) radikal verändert und wird sicher nicht weniger werden, wenn sie bisher auch übersichtlich ist. Umso wichtiger ist es, dass Wachleiter, Leiter RD und Führungskräfte der Zweckverbände ihr Personal anständig ausbilden und diesem dann auch die übertragenen Kompetenzen zutrauen und vor allem dahinterstehen.

      Wie schön man sich auch intern zerfleischen kann, zeigte ja eindrucksvoll der Fall aus Neustadt/Aisch.

      Was man unter dem Strich festhalten kann: Man kann sich gegen Alles und jede Entscheidung stellen, dagegen klagen oder zur Wehr setzen. Was am Ende rauskommt, muss man halt sehen.

      Ganz typisch eben Lehrbuchmeinung vs. Real Life.
    • Manu Schwarzenberger schrieb:

      Umso wichtiger ist es, dass Wachleiter, Leiter RD und Führungskräfte der Zweckverbände ihr Personal anständig ausbilden und diesem dann auch die übertragenen Kompetenzen zutrauen und vor allem dahinterstehen.
      Viel wichtiger wäre, dass der Gesetzgeber mal zeitgemäßge Kompetenzen definiert, festlegt und überträgt. Von der viel beworbenen/versprochenen Regelkompetenz, die bei der Novellierung des RettAssG (daraus wurde dann ja das NotSanG) versprochen wurde, sind wir nämlich noch sehr, sehr weit entfernt.

      Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass das Schiff in nicht allzu ferner Zeit gegen die Wand fahren wird, wenn an den derzeitigen Strukturen und Lösungsansätzen (mehr Einsätze = einfach nur mehr Autos) festgehalten wird. Es kann aber nicht Aufgabe des fahrenden Volkes sein, den Karren alleine aus dem Dreck zu ziehen und dabei den Kopf in die Schlinge zu legen. Es braucht neue, zeitgemäße Ansätze, die sowohl den demografischen Wandel, als auch die "Hilflosigkeit" der Bevölkerung, Krankenhaussterben und Ärztemangel berücksichtigt. Da wären die hohen Herren gut beraten, sich Vorschläge von unten zu holen, die Entscheidung muss dann aber dennoch oben fallen. Vorzugsweise zeitnah, vorzugsweise dennoch durchdacht und praktikabel.
      Aber bis das soweit ist, gilt das aktuelle Recht und das steht nunmal gerne im Widerspruch zu den zugetrauten Kompetenzen der RD-Betreiber.
    • eifeler schrieb:

      @TheOssi Ich kenne mich im medizinischen Bereich schon etwas aus, aber fahre kein RD, also habe ich diese Real-Life-Erfahrungen nicht.
      Aber das macht doch jetzt meine Argumentation kaputt. Menno! ;)

      Dann formulier ich um: eifeler ist auch vom Fach und meint auch, der wäre noch etwas gaga.
    • Ich verstehe euch beide vollkommen. An sich sind die Lösungsansätze auch in Form des NotSanG nicht verkehrt. Leider liegt hier auch vieles in den Händen der Ärztelobby. Würde man hier mehr Kompetenzen abgeben und Befugnisse freigeben, wäre auch schon viel getan.

      Ansonsten gebe ich dir in den wesentlichen Punkten schon recht. Leider muss man sich aber heute mit den derzeitigen Gegebenheiten zufriedengeben. Wir werden große Reformen in die richtige Richtung leider nicht mehr erleben.
    • Es ist und bleibt völlig bescheuert, wir sind ein Transportdienstleister. Wenn der Patient sagt, er möchte ins Krankenhaus. Obwohl er aus unserer Perspektive ÜBERHAUPT nichts hat, so MÜSSEN wir ihn ins Krankenhaus fahren. Will der "Patient" aber nicht ins Krankenhaus, weil er vllt wirklich nichts hat und er uns garnicht gerufen hat, dürften wir dies nicht entscheiden.

      Wieder ein Punkt wo unser Gesundheitssystem hinkt, es mag nach außen die besten Standards bieten. Aber wenn man sich ins Innere begibt, krankt es so wie jedes Andere auf dieser Welt.
    • Lumidor schrieb:

      Will der "Patient" aber nicht ins Krankenhaus, weil er vllt wirklich nichts hat und er uns garnicht gerufen hat, dürften wir dies nicht entscheiden.
      Das ist dann der Punkt, in der der Transportdienstleister plötzlich in ne Garantenstellung gerät.
    • Ja aber meine Garantenstellung endet, bei einem 25 Jährigen der auf Grund eines herrlichen Sommertages im Park eingeschlafen ist und der besorgte Bürger den RD gerufen hat, weil der könnte ja was auch immer haben. Rein formell MUSS ich diesen "Patienten" ins Krankenhaus fahren und wenn er dies nicht möchte, müsste, rein theoretisch, ein Doktor anrücken der sagt. "Jupp war ein gesunder Mittagsschlaf"

      Ja überzogen, aber nicht völlig unrealistisch
    • Lumidor schrieb:

      Ja aber meine Garantenstellung endet, bei einem 25 Jährigen der auf Grund eines herrlichen Sommertages im Park eingeschlafen ist und der besorgte Bürger den RD gerufen hat, weil der könnte ja was auch immer haben. Rein formell MUSS ich diesen "Patienten" ins Krankenhaus fahren und wenn er dies nicht möchte, müsste, rein theoretisch, ein Doktor anrücken der sagt. "Jupp war ein gesunder Mittagsschlaf"

      Ja überzogen, aber nicht völlig unrealistisch
      Doch, ist es. Wenn ein scheinbar gesunder Mensch, der keinen Grund bietet, an seiner Zurechnungsfähigkeit zu zweifeln (Alkoholfahne, Unterzucker, neurol. Auffälligkeiten, beobachteter Krampfanfall, Verwirrtheit, ect.), der sagt, dass er nur beim Sonnenbad eingeschlafen ist, dann darf auch der RDler vom gesunden Mesnchenverstand gebrauch machen. Wo kein Patient, dort keine Garantenstellung. Anders, wenn am Status des Patienten gezweifelt werden muss (s.o.).
    • Halten wir fest: Es wird auch unter uns immer Menschen geben, die für jeden Mist ins KH gondeln oder den Doc rufen (wobei man dir hier dafür irgendwann die Meinung geigen würde und an deiner Kompetenz zweifeln).

      Und es wird immer welche geben, die eben den gesunden Menschenverstand im Real Life benutzen.
    • Manu Schwarzenberger schrieb:

      Halten wir fest: Es wird auch unter uns immer Menschen geben, die für jeden Mist ins KH gondeln oder den Doc rufen (wobei man dir hier dafür irgendwann die Meinung geigen würde und an deiner Kompetenz zweifeln).

      Und es wird immer welche geben, die eben den gesunden Menschenverstand im Real Life benutzen.
      Wenn mann den rot gestrichenen Teil außen vor lässt, denn das wäre ne eigene, ausufernde Diskussion wert (Lst: "Wenn ich Eure Wache und ne andere zum selben Meldebild schicke, dann fordert Eure Wache nach, die andere nicht." Chef: "Dann erkennen meine Leute wohl nen kritischen Patienten und die anderen nicht." Lst: 8| ), können wir das gerne als zusammenfassendes Schlusswort so stehen lassen.
    • TheOssi schrieb:

      Lumidor schrieb:

      Ja aber meine Garantenstellung endet, bei einem 25 Jährigen der auf Grund eines herrlichen Sommertages im Park eingeschlafen ist und der besorgte Bürger den RD gerufen hat, weil der könnte ja was auch immer haben. Rein formell MUSS ich diesen "Patienten" ins Krankenhaus fahren und wenn er dies nicht möchte, müsste, rein theoretisch, ein Doktor anrücken der sagt. "Jupp war ein gesunder Mittagsschlaf"

      Ja überzogen, aber nicht völlig unrealistisch
      Doch, ist es. Wenn ein scheinbar gesunder Mensch, der keinen Grund bietet, an seiner Zurechnungsfähigkeit zu zweifeln (Alkoholfahne, Unterzucker, neurol. Auffälligkeiten, beobachteter Krampfanfall, Verwirrtheit, ect.), der sagt, dass er nur beim Sonnenbad eingeschlafen ist, dann darf auch der RDler vom gesunden Mesnchenverstand gebrauch machen. Wo kein Patient, dort keine Garantenstellung. Anders, wenn am Status des Patienten gezweifelt werden muss (s.o.).
      so siehts aus...

      oder man lässt den Patienten einfach seine Mitfahrtverweigerung nach aufklärung unteschreiben...

      Den gegen seinen Willen kann man keinen ins KH zwingen. Auch kein NA, da brauchts dann eher die Kollegen der Polizei...

      Gruß
    • Ein letztes Mal von mir dazu: Wir leben hier in einem Land, in dem einem nicht anwesend gewesenen Arzt (Gutachter) eher geglaubt wird, als einem RDler, der vor Ort war.
      Hinzu kommt, dass rechtlich gedeckelt nur ein Arzt aufklären kann, da dem Nicht-Arzt nicht das nötige Hintergrundwissen zugestanden wird. Ergo: Japp, ich zweifle.
    • man sollte doch mal die Kirche im dorf lassen...

      wenn ein Patient zu mir sagt, ich gehe nicht mit und mir den Transport verweigert sind mir die Hände gebunden, selbst wenn er einen STEMI haben sollte... Auch einem NA sind die Hände gebunden. Selbst der NA muss dann die POL rufen, wobei das auch rechtlich schwierig ist, da die Polizei auch nur gut zu reden kann.

      Wir sind immer noch in einem freien Land.

      Natürlich entbindet mich die Verweigerung nicht von einer ordentlichen Dokumentation.

      Patienten sind auch nicht verpflichtet jede erkrankung mitzuteilen.

      Jeden ins KH zu fahren egal was ist nur weil ein anderer die 112 wählt, da können wir uns auch die teuren Ausbildungen sparen und einfach nur Fahrer einstellen und zugleich können wir aufhören uns zu beschweren, warum leute überhaupt anrufen, wenn wir selbst nicht differenzieren können bzw. aufklären.

      Zudem sollte man auch mal sehen, wie viele Verweigerungen oder nicht transporte zu einer Arbeits- oder sogar Strafrechtlichen konsequenz führten.

      Da fällt mir in der Vergangenheit nur ein Fall ein, als die RD´ler ein Betrunkenen zuhause gelassen haben. Aber da war auch die Dokumentation der stolperstein.

      Wenn ein Patient auf den Transport besteht, wird der natürlich gefahren. Ob ich es für sinnig halte oder nicht. Muss halt dann aufgeklärt werden, dass es evtl eine Privat rechnung gibt, sofern uns der Transportschein nicht unterschrieben wird. Aber das steht hier ja nicht zur diskussion.


      Gruß
    • @TheOssi Aber wenn du es rechtlich perfekt machen willst und keinen Ärger willst, forderst du dann bei jeder Unterschrift nen Notarzt? Ist doch auch keine Lösung....

      marcee schrieb:

      Schöne Diskussion. Zeigt wiedermal, wie gut doch alles geregelt ist in Deutschland. Oder doch nicht?
      In Deutschland ist ja sonst alles gesetzlich verankert - aber Angehörige von Hilfsorganisationen wie FWler und RDler werden in den Gesetzen häufig als minderwertig betrachtet - meine Meinung. Da muss dann alles durch irgendwelche Notärzte oder sonstwas abgesegnet werden, obwohl die meisten RDler und FWler gut geschult sind und bei solchen Einsätzen häufig auch alleine klarkommen und die richtige Diagnose ziehen. Sonst würden sie ja auch nicht im öff.-rechtl. RettD fahren, wenn sie das nicht entscheiden könnten. Aber nein, in Deutschland muss das ja durch einen Arzt abgesegnet werden... || ||

      Aber wie schön zu sehen, wie aus einer Feuer&Flamme-Diskussion eine Diskussion über das deutsche Rettungswesen wird. Passiert öfters... Warum wohl? ?( ;)

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    • Okay, ein allerletzter.
      Nein, ich fordere selbstverständlich NICHT bei jeder Unterschrift nen NA nach. Ich bin mir aber durchaus im klaren darüber, dass mir dann Ärger drohen kann.
      Wo ich aber IMMER und grundsätzlich nen NA anfordere, sind Verweigerungen von Patienten, bei denen ich der Meinung bin, dass sie ins KH gehören. Wie - um zurück zum ursprünglichen Thema zu kommen - der genannte, in meinen Augen vollkommend unzureichend orientierte, Z.n. Krampfanfall aus Folge 1. Kann ich den nicht überzeugen mitzukommen, kommt bei mir das NEF nach. Und wenn das auf dem Weg zu mir dreimal zu nem akuten Notfall abgezogen wird, dann ist das eben so. Es dauert halt so lange, wie es dauert. Haut mir der Patient dann zwischenzeitlich ab, dann ist das für mich auch okay. Wichtig ist nur: Ich habe das Spektrum meiner Möglichkeiten, dem Patienten zu helfen, ausgenutzt. Und da zählt in diesen zweifelhaften Fällen mEn. eben auch der NA-Ruf zu. Sage ich für mich als Notfallsanitäter mit mittlerweile fast 15 Jahren RD-Erfahrung, der - wenns nötig ist - auch Medikamente bis hin zum Morphin spritzt (soll heißen, ich bewege mich auch im dunkelgrau, kann das dann aber immer - hoffentlich - hieb- und stichfest begründen). Es gibt diese Fälle, wo es dem Patienten zu Gute kommt, wenn man den rechtlich abgesicherten Rahmen verlässt. Und dann gibt es Fälle, für die ich es nicht einsehe, meinen Kopf hinzuhalten. Genannter Krampfanfall wäre so einer.

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