Notarztverlegung vs. Arztbegleiteter Krankentransport

    • Notarztverlegung vs. Arztbegleiteter Krankentransport

      Durch diese Meldung fiel mir eine Frage wieder ein, die ich gerne mal in die Runde werfen möchte.
      Im Thüringer Rettungsdienstgesetz heißt es


      § 8
      Arztbegleiteter Krankentransport

      Bei arztbegleiteten Krankentransporten zur Verlegung zwischen Krankenhäusern hat das abgebende Krankenhaus bei Bedarf die ärztliche Betreuung sicherzustellen.
      Auch weiß ich von Fällen, in denen sich NA daraufhin weigerten, ihr Einsatzgebiet für eine arztbegleitete Verlegung zu verlassen.
      Nun habe ich schon überlegt, in der Sim Behelfs-NEFs an den Kliniken einzubauen, um das zu simulieren. Macht das Sinn, oder sind das verschiedene Paar Schuhe? Oder kann man diese Frage so pauschal nicht beantworten?
      Danke ;)
      Avatar by MartinHorn, Chr2, Westfale & Grisu118


      -> Zeitzeugen der 90er Jahre im Raum Saalfeld, Kronach, SOK und SHK gesucht
    • Wie ist denn die Realität? Stellen Krankenhäuser regelmäßig einen Arzt für Sekundäreinsätze aus dem eigenen Haus?

      Und noch etwas: Wie kann ein NA einen Einsatz mit der Begründung "ich will mein Einsatzgebiet nicht verlassen" verweigern? Das ist eher eine Entscheidung die die Leitstelle zu fällen hat. Es handelt sich dabei schließlich nicht um eine medizinische Frage.
    • Der Notarzt kann sich weigern einen Patienten zu übernehmen, sei es auf Grund des Zielortes oder auf Grund des Zustandes des Patienten.
      Da die Kliniken Personaltechnisch nicht sonderlich gut aufgestellt sind und der Rücktransport des Arztes mitunter schwierig ist, stellen die Kliniken bei uns keinen Arzt
    • Zielort aufgrund medizinischen Gründen? Ich wüsste nicht warum sich ein Notarzt weigern darf eine Verlegung zu fahren, dessen Zielort ausserhalb des Rettungsdienstbereiches liegt, solange keine medizinischen Gründe dafür vorliegen. Eine solche Entscheidung liegt beim Rettungsdienstträger, dem Landkreis, wie er organisatorisch mit solchen Transporten, je nach Dringlichkeit (sofort, dringlich, planbar) umgehen möchte (organisatorische Frage). Oder gibt es in dem genannten Bundesland entsprechende gesetzliche Vorgaben, die das medizinische Weisungsrecht des Arztes übersteigen?
    • marcee schrieb:


      Nun habe ich schon überlegt, in der Sim Behelfs-NEFs an den Kliniken einzubauen, um das zu simulieren. Macht das Sinn, oder sind das verschiedene Paar Schuhe? Oder kann man diese Frage so pauschal nicht beantworten?
      Danke ;)
      Das würde ich nicht machen. Es gibt ja auch in der Sim Verlegungsfahrten, wo ein Klinikarzt begleitet und daher kein Notarzt von Nöten ist. Und die Verlegungen, wo kein Arzt mit kann, sind dann entweder zeitkritisch (-> Notarzt) oder Intensivverlegungen, wo man auf einen ITW o.ä. bzw. bei den bayerischen Leitstellen auch mal auf ein VEF warten kann. Bei zeitkritischen Verlegungen wird hoffentlich auch in echt ohne Streitereien auf ein NEF zurück gegriffen wenn die Klinik keinen Arzt stellen kann.
      ILS Region INGOLSTADT - ID 1426
      Stadt Ingolstadt - Lkr. Eichstätt - Lkr. Neuburg-Schrobenhausen - Lkr. Pfaffenhofen a.d. Ilm
    • Ein arztbegleiteter Patiententransport fällt nicht in das Aufgabenfeld eines für einen Bereich zuständigen Notarztes. Darum kann ich auch als Notarzt den Transport eines Patienten der einer ärztlichen Überwachung auf dem Transport bedarf aber bei dem es eben nicht um Leben und Tod geht ablehnen.

      Beispiel:

      Patient A soll vom Akutkrankenhaus B in die Rehaklinik C verlegt werden. Patient A hat aufgrund seiner Krankengeschichte noch mehrere Drainagen und war akut erkrankt, ist jetzt aber reha-fähig und soll daher verlegt werden. Aufgrund der Drainagen und der Begleitumstände soll der Patient arztbegleitet transportiert werden, weil es nötig werden könnte, dass eine ärztliche Intervention während dem Transport stattfinden muss.

      Diesen Patienten würde ich als Notarzt ablehnen und nicht transportieren. Ich soll hier für einen zeitunkritischen, geplanten Transport eines Patienten meinen Bereich verlassen. Das fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich des Notarztes. Jetzt müsste hier ein Arzt aus der Quellklinik den Patienten begleiten und danach vom RTW wieder in der Quellklinik abgeliefert werden oder mit dem Taxi zurück fahren. Für solche Fälle wurde in Bayern das VEF eingeführt. Das Beispiel da oben ist das Musterbeispiel eines VEF-Transportes.

      Geht es aber um eine akute vitale Bedrohung wäre hier eine Notarztverlegung indiziert. Beispielsweise der Herzpatient zur Notfallbypass OP aus Krankenhaus A nach Uniklinik B. Damit hätte ich als Notarzt keinerlei Probleme das zu fahren, da hier die Indikation stimmt.

      Auf der anderen Seite betrachtet hätte ich aber ein Problem den Notfallbypass Patienten mit dem VEF zu fahren. Bin ich VEF Arzt, dann bin ich eben für zeitunkritische, geplante, arztbegleitete Patiententransporte zuständig. Daher würde ich den Transport eines Notfallpatienten zur Bypass OP als VEF-Fahrt ablehnen und auf den Diensthabenden Notarzt verweisen, weil der Einsatz von der Indikation her eine Notarztverlegung darstellt.

      Als VEF-Arzt würde ich mir diesen Patienten nur einladen, wenn ich es auch durch die ILS als Notarztverlegung deklarieren lasse und dann würde ich den Einsatz auch als Notarzteinsatz verrechnen und nicht als VEF-Fahrt. Allein schon der Indikation wegen und der damit verbundenen rechtlichen Situation.
      Grüße, NEF-Fahrer

      ILS Schweinfurt (ID: 474) lstsim.de/leitstellen/474/
    • Das ist ja ungefähr so, als ob ich - aus nichtärztlicher Sicht - nen KT ablehne, weil ich mit nem RTW geschickt wurde. Das mache ich einmal, beim zweiten Mal stehe ich beim Chef und beim dritten Mal kann ich meine Papiere abholen. Wenn die Leitstelle mich mit nem RTW auf nen KT schickt, am besten noch ne infektiöse Entlassung, dann werden die sich etwas dabei gedacht haben. Dann heißt es für mich 3 drücken, (vllt. noch die 5 hinterher um zu fragen, ob das Absicht oder Versehen war und wenn Absicht) fahren.
      In wie weit das bei nem Notarzt anders sein sollte, erschließt sich mir nicht. Wenn der Melder geht, gehört der Doc dem RD und nicht mehr dem KH. Dass er sich bei ner vollen ZNA nicht unbedingt freut, jetzt nach Timbuktu geschickt zu werden, kann ich nachvollziehen, ändert aber nix daran, dass sein A**** der Leitstelle gehört. Und wenn die schickt, dann schickt die.
    • TheOssi schrieb:

      Das ist ja ungefähr so, als ob ich - aus nichtärztlicher Sicht - nen KT ablehne, weil ich mit nem RTW geschickt wurde. Das mache ich einmal, beim zweiten Mal stehe ich beim Chef und beim dritten Mal kann ich meine Papiere abholen. Wenn die Leitstelle mich mit nem RTW auf nen KT schickt, am besten noch ne infektiöse Entlassung, dann werden die sich etwas dabei gedacht haben. Dann heißt es für mich 3 drücken, (vllt. noch die 5 hinterher um zu fragen, ob das Absicht oder Versehen war und wenn Absicht) fahren.
      In wie weit das bei nem Notarzt anders sein sollte, erschließt sich mir nicht. Wenn der Melder geht, gehört der Doc dem RD und nicht mehr dem KH. Dass er sich bei ner vollen ZNA nicht unbedingt freut, jetzt nach Timbuktu geschickt zu werden, kann ich nachvollziehen, ändert aber nix daran, dass sein A**** der Leitstelle gehört. Und wenn die schickt, dann schickt die.
      Es geht hier um die korrekte Indikation. Du musst hier ganz krass eine Trennung zwischen der Notarztverlegung und dem arztbegleiteten Patiententransport ziehen, die leider viele nicht ziehen können oder wollen.
      Man muss hier ganz klar eine Trennung ziehen zwischen akuten Einsätzen (vollkommen Wurscht ob NA Einsatz oder NA Verlegung) und dem zeitunkritischen geplanten Transport. Bin ich als NA draussen im Einsatz und merke der Patient muss dringend in eine weiter entfernte Zielklinik, dann muss ich eben transportieren (auch wenn ich meinetwegen dann 3h unterwegs bin) oder ich muss mir eine alternative Transportmöglichkeit überlegen (Hubi oder erst in ein näheres Haus und dann sekundär weiterverlegen). Muss ein kritisch kranker Patient verlegt werden und es gibt keinen RTH/ITH oder ITW, dann muss ich eben auch als NA ran und den Patienten als NA-Verlegung transportieren.

      Meinen Bereich zu verlassen, damit ein geplanter, arztbegleiteter Patiententransport (im weiteren Sinne also ein Krankentransport mit Arzt) erfolgen kann ist keine Aufgabentätigkeit des Notarztes und damit keinesfalls gerechtfertigt den Bereich zu verlassen. Hier muss dann die Quellklinik einen Arzt stellen oder eben das VEF ran. Ist das mit dem VEF nicht möglich oder die Quellklinik hat keinen Arzt muss der Transport eben verlegt werden.
      Ich würde als Diensthabender NA so einen Transport definitiv ablehnen.

      Was noch dazu kommt: Wie sollte so ein Einsatz durch einen NA denn abzurechnen sein? Den Arztbegleiteten Patiententransport als NA-Verlegung abrechnen? Ich weiß, eher untergeordneter Punkt, aber eben auch wichtig!

      Wenn der Melder geht dann ist es klar, dass der Arzt im Dienste des RD steht und auszurücken hat. Ohne Frage. Aber eben auch mit der richtigen Indikation. Sollte die Indikation nicht die richtige sein und ein anderes Rettungsmittel die sinnvollere Variante darstellen, dann ist es kein Problem den Einsatz abzulehnen, zumal es bei einem arztbegleiteten Patiententransport nicht um zeitkritische Verlegungen geht und somit keine vital bedrohliche Komponente zum Tragen kommt. Weil sollte das der Fall sein ist es ja kein arztbegleiteter Patiententransport sondern, richtig, eine NA-Verlegung.

      Anbei möchte ich hier noch auf folgendes verweisen:

      aelrd-bayern.de/images/stories…MI_Indikationskatalog.pdf

      Hier wird kurz und knapp für Bayern die Indikation VEF <<<>>> ITW/ITH gut dargestellt.
      Grüße, NEF-Fahrer

      ILS Schweinfurt (ID: 474) lstsim.de/leitstellen/474/
    • Manu Schwarzenberger schrieb:

      RFSW schrieb:

      Wir sprechen hier doch immer noch über das Bundesland Thüringen, oder?
      Sprachen wir nie. Thüringen war nur das Beispiel. Gefragt wurde allgemein nach einer Lösung.
      Äh, doch. Im Anfangspost ging es um Thüringen. Erst jetzt wurde so viel über Bayern gepostet. Ich vermute mal, dass der Threadersteller halt für seine Leitstelle in Thüringen eine Lösung braucht, die auch der Realität entspricht (sich somit an die gesetzlichen Grundlagen orientieren soll/muss). Ich könnte aus meinem Bundesland auch viel zitieren. Ich wäre halt noch gespannt, wo genau im Thüringer RD-Gesetz steht, dass der Notarzt entscheiden kann, ob eine Strecke für ihn aus nicht-medizinischen Gründen zu weit ist oder nicht (z.B. ob er sein Einsatzbereich verlassen will oder nicht). Im §8 steht nur, dass die Krankenhäuser eine Arztbegleitung sicherstellen müssen. Aber da steht nichts davon, dass der Notarzt deswegen seine Arbeit verweigern darf.
    • Eigentlich ist das Ganze doch logisch. Alles was akut und dringlich ist, ist Notarztsache. Alles andere, was planbar ist, muss die Klinik leisten. Ich persönlich würde da schon als Disponent intervenieren und für eine arztbegleitete Verlegung ohne Notfallindikation mit Sicherheit keinen NA verballern und mir damit eine unnötige Lücke in der Versorgung reißen. Gut, wir haben halt eben auch den Luxus des VEF.
    • Manu Schwarzenberger schrieb:

      Eigentlich ist das Ganze doch logisch. Alles was akut und dringlich ist, ist Notarztsache. Alles andere, was planbar ist, muss die Klinik leisten. Ich persönlich würde da schon als Disponent intervenieren und für eine arztbegleitete Verlegung ohne Notfallindikation mit Sicherheit keinen NA verballern und mir damit eine unnötige Lücke in der Versorgung reißen. Gut, wir haben halt eben auch den Luxus des VEF.
      So klar wie Kloßbrühe ist das leider nicht (immer). Da ich u.a. auch in der Intensivverlegung einige Jahre Erfahrung habe, kann ich Dir sagen, dass selbst bei Notfallverlegungen (sofort, innerhalb 30min) kleine Leitstellen sich oft weigern, ein örtliches NEF zu entsenden, weil diese oft nur zwei oder drei im ganzen Landkreis haben. Und da wir die Bundesländer gerade alle etwas durcheinander werfen: Auch die Aussage, dass planbare Transporte durch die Klinik geleistet werden müssen, ist in den Ländern unterschiedlich geregelt. Das kann auch eine Aufgabe des Kreises oder des Landes sein.
    • Eigentlich gibts Bundesweit eine Einheitliche Regelung, den Indikationskatalog. Da steht noch nicht mal was von einer Verlegung drin ^^


      Indikationskatalog NA

      *um mal kurz Offtopic zu werden*: Seit 01.01.2017 rollt ein neues Problem auf den Rettungsidenst zu.
      War man früher Benutzer eines Beatmungsgerätes eines Patienten der nach Hause gefahren wird ist man seit Neujahr automatisch Anwender im Sinne des MPG.
      Da kommt einiges an Arbeit auf die Notärzte zu, bzw muss hier auch eine Regelung für den Transport gefunden werden. (/offtopic)
      Mut ist nicht ein Leben zu leben, sondern eins zu bewahren!

      - Avatar: RTW der Stadt Köln - Fzg Grafik von Leitessen
    • Sweetchuck schrieb:

      War man früher Benutzer eines Beatmungsgerätes eines Patienten der nach Hause gefahren wird ist man seit Neujahr automatisch Anwender im Sinne des MPG.
      Davon abgesehen, wie hast Du denn die Heimbeatmungsgeräte bisher gesichert und mit Energie versorgt? :P
    • Der Notarzt kann auch eine zeitkritische Verlegung ablehnen, wenn er den Patienten als nicht transportfähig einschätzt. Viele Klinikärzte unterschätzen den Stress für den Patienten auf einem Transport bzw überschätzen die Möglichkeiten eines Transportes.
      Ja die Zielklinik könnte vllt das Leben des Patienten verlängern, aber das bringt ihm auch nichts wenn er dort nicht lebend ankommt.
    • @Lumidor Ich glaube, dass wir da aneinander vorbei reden (bzw. Du). Ich sagte ja bereits mehrmals, dass es nicht um das medizinische Weisungsrecht des Arztes geht, was ja Dein Beispiel bezüglich der Transportfähigkeit des Patienten bringt. Es geht hier um die allgemeine Einsatzorganisation, also ob ein NA generell Verlegungen machen darf oder nicht bzw. ob der dafür sein Einsatzbereich verlassen darf oder nicht. Das hat nichts mit Medizin zu tun. Daher sehe ich hier den Rettungsdienstträger in der Pflicht, bzw den verlängerten Arm, die Leitstelle, um solche organisatorischen Fragen zu entscheiden.

      @Sweetchuck Die MPG/MPBetrVO ist ein anderes Thema. Hier wäre ich viel mehr neugierig, wie gut der ehrenamtliche Bereich vorbereitet ist? Aber das ist ein anderes Thema...
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    • Hallo!

      Spannende Diskussion hier!
      In "meinem" Kreis gibt es dazu eine Verfahrensanweisung, die da sagt :

      ÄLRD Rhein-Erft schrieb:

      Die Eröffnung eines Notarzteinsatzes (Interhospitaltransport --> Notarzteinsatz) durch die Kreisleitstelle (und nur diese kann einen Notarzt offiziell in Einsatz setzen) bedarf auch hier der gängigen und gesetzlich vorgegebenen Kriterien. Die Entscheidung über die einzusetzenden Kräfte obliegt der Kreisleitstelle.
      dringliche Verlegungstransporte sind Aufgabe des Regelrettungsdienstes. Ärztlich begleitete Transporte, werden hier ebenfalls durch die Notärzte begleitet (wenn nicht weiter als 40 Kilometer von der anmeldenden Klinik entfernt), allein schon wegen der Zusatzweiterbildung und der Einweisung auf die im RTW vorhandenen Gerätschaften. Wer bezahlt denn den Notarzt, der ja dann in jeder Klinik rund um die Uhr vorgehalten werden muss? Von dem Notarztmangel mal ganz zu schweigen...