Einsätze je nach Bundesland

    • Wird nicht umgesetzt
    • RFSW schrieb:

      Warum sollte der Hubschrauber nicht kommen? Klar, aus wirtschaftlichen Gründen ist das Blödsinn, wenn man mal die Kosten eines Rettungshubschraubers beachtet. Aber wenn Du meinst, dass Du einen Notarzt zwingend brauchst, weil der Patient einen peripher venösen Zugang braucht, dann bekommst Du den von der Leitstelle. Zur Not auch mit dem Hubschrauber!
      Stimmt, wenn ein NA nötig ist, dann kann der von mir aus auch mit der Schraube kommen. Du argumentierst aber an meiner Grundaussage vorbei. Ich sage nicht, der RTH soll nicht kommen, wenn ein nötiger NA nicht anders an die E-Stelle gebracht werden kann, ich sage, DIESE Patientin braucht keinen Zugang am E-Ort oder auf dem/für den Transport. Es reicht, wenn der im KH gelegt wird.


      RFSW schrieb:

      Warum ist eine leichte Exsikkose ein Nicht-Notfallpatient?
      Kein Notfallpatient im Sinne von "vital bedroht".

      RFSW schrieb:

      Ort: Einkaufszentrum
      Zeit: Mittagszeit
      Wetter: trocken, sonnig, kaum Bewölkung, warm bei 24 Grad, kaum Wind
      Einsatzmeldung: RTW, Kreislauf
      Situation: Einsatzort sicher, nichts ungewöhnliches, zufällig Ärztin vor Ort mit kurzer Übergabe
      Patient: weibl, alte Frau ca. 70-80 Jahre, warm bzw. umfangreich bekleidet (Zwiebeltaktik), sitzend vorgefunden, bei bewusstsein
      A: frei
      B: beschwerdefrei, Haut rosig
      C: leicht tachykard, peripherer Puls A. radialis schwach tastbar, ReCap leicht verzögert
      D: GCS 15 AOx4, FAST negativ, Pupillen mittelweit und isokor LR+
      E: Haut normal warm, trocken, altersentsprechender normaler EZ & PZ, stark verzögerter Hauttugor (die Hautfalten blieben quasi stehen), keine sichtbaren Verletzungen, keine Schmerzen

      S: Pat. wollte einkaufen, fühlt sich schwach, wurde schwindelig und ist dann kollabiert, hat sich nicht "weh" getan, klagt über keine Schmerzen, war nicht bewusstlos laut Zeugen

      Ich habe die Patientin erst einmal "potenziell nicht-kritisch" eingestuft (was Du mir sicher gleich um die Ohren hauen wirst) und entschieden, die Patientin mittels Tragestuhl in den nahen RTW zu verbringen um dort eine weiterführende Untersuchung geschützt vor neugierigen Blicken vorzunehmen. Im RTW auf die Trage und Reevaluation; ABCDE unverändert. Weiterführende Diagnostik ergab zu den Punkten:
      Ne, hau ich Dir nicht um die Ohren, sehe ich genau so.




      RFSW schrieb:

      Ich habe mich dazu entschieden, der Patientin einen peripher venösen Zugang zu legen und eine Ringer-Acetat zu infundieren. Nach wenigen Minuten fühlte sich die Patientin bereits besser. Da ich eine Nachforderung eines Notarztes für Blödsinn hielt, habe ich mich für den Transport ins 2 Minuten entfernte geeignete Krankenhaus entschieden, was auch aufnahmebereit war. Ich bin somit auch dem §4 NotSanG (Lernziel) nachgekommen und habe die Patientin vor einer Verschlechterung bewahrt und einer weiteren ärztlichen Versorgung zugeführt! Im Krankenhaus war die (Bedarfs-)Tachykardie dann weg, der RR hatte sich auf 130/80mmHg normalisiert. Die Patientin fühlte sich dort schon deutlich besser, bedankte sich und wir verabschiedeten uns nach der Übergabe.
      Was habe ich falsch gemacht?
      Falsch ist so ein bösed Wort. Aber wenn Du es benutzen willst, dann benutze ich es auch. Du hast bei einer nicht kritischen, nicht vital bedrohten Patientin eine ärztliche Maßnahme (Zugang), mit anschließender Therapie (Infusion) durchgeführt, und das auch noch in Anwesenheit einer Ärztin!

      Du hast also:
      A) einen invasiven Eingriff an einer nicht kritischen Patientin durchgeführt;
      B) einer nicht kritischen Patientin Medikamente verabreicht,
      C) ärztliche Maßnahmen trotz Anwesenheit einer Ärztin durchgeführt.

      Die Verschlechterung der Zustandes hättest Du auch durch einfaches Entfernen der Kleidung erreichen können. Und selbst wenn nicht: Die Patientin war nicht akut vital bedroht, der Zugang und die Infusion hätten noch 10 MInuten oder von mir aus auch eine halbe Stunde warten können.

      Falsch (rechtlich) hast Du gemacht, dass Du die Grauzone verlassen und dich ins Schwarze bewegt hast. Da war kein rechtfertigender Notstand, kein akuter Handlungsbedarf, der über einfache BLS-Maßnahmen hinausgehen. Man muss Patienten ja nicht kränker machen, als sie sind. Wer weiß, vielleicht hätte man der Dame einfach nur etwas zu trinken geben müssen.
    • TheOssi schrieb:

      Es gibt keine kleinen und wenig invasiven Dinge, wenn selbst das kleinste invasive (Zugang) ne schwere Körperverletzung darstellt. Zugegebenerweise müsste auch ne BZ-Messung unter KV fallen, aber da wird nur abgezapft, nicht eingeführt/eingefüllt.

      RFSW schrieb:

      Nun ja, aber eine kleine Nadel sticht in den Patienten rein. Sie bleibt nur nicht so lange drin wie ein PVZ. Wir sind uns aber sicher doch einig, dass es schon einen Unterschied macht, ob ein peripher venöser Zugang gelegt wird oder der Patient eine neue Herzklappe eingebastelt bekommt, was die schwere oder Umfang der invasiven Maßnahme betrifft, oder?
      Das ist aber hier kein Argument.
      Das Messen des Blutzuckerspiegels ist eine regelhafte Untersuchung die nunmal mindestens einen Tropfen Blut benötigt und eine Einwilligung des zur Kommunikation fähigen Patienten ist hierfür einzuholen.

      Das legen eines Zugangs ist und bleibt eine ärztliche Maßnahme. Selbst wenn der Assistent und/oder Notfallsani aufgeklärt hat bleibt es im Bereich der KV. Es gibt auch wenige Richter die der Auffassung sind, dass ein RD Mitarbeiter in der Lage dazu ist einen Patienten ausreichend aufzuklären...

      Wir sind uns aber einig, dass solche Invasiven Eingriffe, mal abgesehen von einer Thoraxdrainage (und wir sind nicht in Groß-Britannien) draußen sowieso nicht durchgeführt wird!
      Mut ist nicht ein Leben zu leben, sondern eins zu bewahren!

      - Avatar: RTW der Stadt Köln - Fzg Grafik von Leitessen
    • Sweetchuck schrieb:

      Das legen eines Zugangs ist und bleibt eine ärztliche Maßnahme. Selbst wenn der Assistent und/oder Notfallsani aufgeklärt hat bleibt es im Bereich der KV. Es gibt auch wenige Richter die der Auffassung sind, dass ein RD Mitarbeiter in der Lage dazu ist einen Patienten ausreichend aufzuklären...
      RICHTIG! Und darum - finde ich - ist es von größter Wichigkeit, solche Maßnahmen nur durchzuführen, weil sie nötig sind und nicht nur, weil man sie kann, bzw, tun möchte (können und machen haben ja auch nicht immer viel miteinander zu tun). Es ist KV, es bleibt KV, aber unter den richtigen Voraussetzungen bleibt der RA/NotSan eben straffrei. Und diese sind bei einer kreislaufstabilen, unkritischen Exsikkose nun einmal nicht gegeben. Und auch nicht beim 23er BZ, wenn der Patient dabei noch so fitt ist, dass er auch ein Glas Cola trinken, oder nen Traubenzucker lutschen könnte (hatte ich neulichs).

      RFSW schrieb:

      Wir sind uns aber sicher doch einig, dass es schon einen Unterschied macht, ob ein peripher venöser Zugang gelegt wird oder der Patient eine neue Herzklappe eingebastelt bekommt, was die schwere oder Umfang der invasiven Maßnahme betrifft, oder?
      Wenn es gut geht, dann ja. Wenn es sich infiziert, Omi den Arm verliert oder an ner Sepsis verreckt (ich weiß, unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich), dann interesierts keinen, ob sie nun an ner Herzklappe oder nem Zugang gestorben ist.
    • The Ossi schrieb:

      ärztliche Maßnahmen trotz Anwesenheit einer Ärztin durchgeführt.
      Ich habe unterschlagen, dass die Ärztin sich als Ersthelferin gekümmert hat und sich nach der Übergabe zurück gezogen hat.


      The Ossi schrieb:

      Wenn es gut geht, dann ja. Wenn es sich infiziert, Omi den Arm verliert oder an ner Sepsis verreckt (ich weiß, unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich), dann interesierts keinen, ob sie nun an ner Herzklappe oder nem Zugang gestorben ist.
      Auch der Arzt oder die Krankenschwester hat dann ein Problem. Wo ist der Unterschied? Hier kommt es mir wieder so vor, als ob man vor der Verantwortung Angst hat. Im übrigen muss der Patient ja nicht aufgrund Deines Zugangs oder mangelhafter Hautdesinfektion verstorben sein. Es ist ja auch durchaus möglich, dass im Krankenhaus der Zugang nicht rechtzeitig entfernt wurde oder dort kein oder kein korrekter aseptischer Verbandwechsel an der Einstichstelle durchgeführt wurde? Hätte, hätte, Fahrradkette! Und bevor nun einer sagt, ich wüsste nicht wie es im Krankenhaus weiter geht, der liegt falsch. Das weiß ich sogar sehr gut. Daher mache ich mir beim Umgang mit den Zugängen, primär auf den Normalstationen, schon mehr Sorgen als um meine Hygiene im RTW.


      Sweetchuck schrieb:

      Das legen eines Zugangs ist und bleibt eine ärztliche Maßnahme. Selbst wenn der Assistent und/oder Notfallsani aufgeklärt hat bleibt es im Bereich der KV.
      Also doch nur BLS-Besatzungen? Lustig!

      Im übrigen bleibt es auch für einen Arzt eine Körperverletzung. Denn auch der Arzt muss um Erlaubnis fragen!


      The Ossi schrieb:

      Du hast bei einer nicht kritischen, nicht vital bedrohten Patientin eine ärztliche Maßnahme (Zugang), mit anschließender Therapie (Infusion) durchgeführt, [...] Die Verschlechterung der Zustandes hättest Du auch durch einfaches Entfernen der Kleidung erreichen können. [...] Falsch (rechtlich) hast Du gemacht, dass Du die Grauzone verlassen und dich ins Schwarze bewegt hast. Da war kein rechtfertigender Notstand, kein akuter Handlungsbedarf, der über einfache BLS-Maßnahmen hinausgehen. Man muss Patienten ja nicht kränker machen, als sie sind. Wer weiß, vielleicht hätte man der Dame einfach nur etwas zu trinken geben müssen.
      Wenn kein Notfall vorlag, warum wurde ich dann gerufen? Wenn der Patient ein Nicht-Notfallpatient ist, hätte ich mich dann nach Fehlfahrt frei melden sollen? Oder ihn, den Patienten, an einen KTW, Hausarzt oder ärztlichen Notdienst verweisen sollen? Nein, oder? Weil der Patient krank war! Und man hat von mir, als Garant, erwartet, dass ich dem Patienten helfe. Was ich können muss, das beschreiben die Lernziele meinen Berufsbildes. Die Maßnahmen die ich ergriffen habe habe ich erlernt und in mittlerweile vier Staatsprüfungen unter Beweis stellen müssen, dass ich sie behersche. Ich habe eine weitere Verschlechterung verhindert, in dem ich die Maßnahmen ergriffen habe die ich ergriffen habe und habe mich dazu entschieden den Patienten einer weiteren ärztlichen Versorgung zuzuführen anstatt einen Notarzt nachzufordern (weil es unnötig war, weil Besserung durch die Therapie, sowie weil es schneller ging, somit der Patient schneller einer ärztlichen Versorgung zugeführt wurde). Somit auch konform mit den Lernzielen. Sicher, wir haben schon festgestellt, dass es sich um ein Berufsausbildungsgesetz handelt. Aber dort wird beschrieben, was ich später, nach der Prüfung können muss, womit ich auch wieder in die Garantenstellung komme. Weitere Vorgaben, außer die des ÄLRD auf lokaler Ebene, sind mir nicht bekannt, wo es um das "können müssen" des NotSan geht. Im übrigen steht in den Lernzielen auch was von Folgeschäden, die ggf. zu erwarten sind. Eine länger andauernde Exsikkose kann auch zu weiteren Komplikationen führen, die durchaus unangenehmer für den Patienten sein können, u.a. wegen der erhöhten Thomboemoblieneigung. Ich empfinde nicht, dass ich mich ins "Schwarze" begeben habe.

      Ich gebe an dieser Stelle noch einmal zu bedenken, dass alle Patienten die zuvor keinen Arzt gesehen haben, also keine Einweisung und keinen Transportschein haben, aber aufgrund einer Erkrankung oder einer Verletzung ein medizinisches Hilfeersuchen stellen, Notfallpatienten sind, wenn die Leitstelle Dich als RTW entsenden. Der Begriff "Notfallpatient" sagt ja erst einmal nicht darüber aus wie kritisch oder nicht-kritisch ein Patient ist. Aber es gab einen Grund warum man Dich gerufen hat - und somit kommst Du als Garant ins Spiel.

      Ich tue mir auch mit dem Begriff "rechtfertigender Notstand" schwer. Natürlich kenne ich ihn, aber dieses Konstrukt stammt ja noch mehr aus der Zeit des Rettungsassistenten, eben weil dort die Lernziele, das "können müssen" nicht so umfangreich beschrieben wurde wie beim Notfallsanitäter. Auch wurde dort nur festgehalten, dass er lebensrettende Maßnahmen bis zum Eintreffen des Notarztes durchführen soll, als reiner Helfer des Arztes. Von da bzw. aus der Zeit stammt ja auch der Begriff "rechtfertigender Notstand", der auf den §34 StGB beruht. Natürlich ist der Paragraph nun nicht weg; für MacGyver hat dieser immer noch Bestand, wenn der mit einem Kugelschreiber schnell einen Luftröhrenschnitt machen muss (oder Opa Piepenbrink mit seiner Schrotflinte den Einbrecher erschießt um sein Leben zu retten, der ihn gerade mit dem Messer ans Leder wollte). Die Lernziele, also das "können müssen" nach Abschluss der Ausbildung, sind beim NotSan ja nun andere, also wesentlich mehr Details die dort definiert wurden, was er nach dem Examen können muss. U.a. wird da auch von eigenverantwortlicher Versorgung gesprochen, vom Entscheiden müssen, ob ein Notarzt nachgefordert werden muss, usw. Es ist also ein ganz anders Konstrukt wie das ehemalige RettAssG. Detailreicher, umfangreicher.

      Der Patient bzw. die Patientin wurde übrigens entkleidet. Im RTW. Zuvor wäre das doof gewesen. Ich dachte eigentlich, dass ich das nicht explizit erwähnen muss, denn wie sonst hätte ich den Patienten umfangreich untersuchen sollen, wie ich das im Fallbeispiel erwähnt habe? Orale Flüssigkeitszufuhr geht natürlich auch, ist weniger "invasiv", dauert aber auch wesentlich länger bis eine Wirkung eintritt. So trat die Wirkung schnell auf. Das grundlegende Problem ist aber eher das, dass ich in meinem RTW keine Auswahl von Erfrischungsgetränken anbieten kann. Ich hätte aber den Patienten kurz verlassen können und wäre mit der Krankenkassenkarte der Patienten kurz im Supermarkt, der ja auch in der Nähe war, einkaufen gegangen. Da kommen wir nun wieder in die Realität, wenn wir von der grauen Theorie sprechen. Hast Du schon mal versucht umsonst etwas im Supermarkt zu bekommen? Oder hättest Du es aus Deiner eigenen Tasche bezahlt?

      Und ich bleibe dabei. Wenn diese Dinge nicht gewünscht sind, dann brauchen wir keine dreijährige Ausbildung! Dann reicht das Niveau RettSan, um BLS zu machen bis der Arzt (für jeden Scheiss) kommt. Es macht wirtschaftlich keinen Sinn, zwei hochqualifizierte Systeme zugleich laufen zu haben. Ein gezielter Einsatz ist sinnvoller. Da die Gesundheitsvorsorge in Zukunft immer teurer werden wird muss man sich irgendwann nach dem Sinn fragen, auch wenn der RD nur einen kleinen Prozentsatz der Gesundheitsausgaben betrifft (aber auch hier geht es um Millionenbeträge; in jedem Landkreis!). Gibt es auch in anderen Industrieländern, die mit unserer Wirtschaftskraft, Wohlstand und Gesundheitsversorgung vergleichbar sind, ähnliche Systeme wie hier, wo zwei hochqualifizierte Systeme zugleich gefahren werden? Ich wünsche mir weiterhin ein Mischsystem wie jetzt, jedoch sollte der Notarzt gezielter eingesetzt werden. Ich bin mir sicher, dass der monetäre Druck sowie der Ärzte- und Fachkräftemangel und der demographische Wandel in Zukunft zu ein Umdenken führen muss. Ein Grund für die Novellierung des RettAssG war u.a. ja auch der Punkt, dass die Ausbildung und das Konstrukt RettAssG nicht mehr dem Stand der Zeit entsprach. Meiner Meinung war generell ein Fehler, als es 1989 auf den "Markt" geschmissen wurde. Viele Lobbypunkte wurden hier berücksichtigt, wie das Ehrenamt, die Integration in die Feuerwehrausbildung sowie die Selbstfinanzierung der Ausbildung, die dem Gesetz auch geschadtet haben. Es war in vielen Punkten nur halbherzig.

      Gut, vielleicht sollten wir ein Ende der Diskussion finden. Gut finde ich aber, dass die Diskussion fachlich-konstruktiv und freundlich ablief. Das ist nicht immer so. Aber inhaltlich werden wir in den kleinen Details, die wir hier so heißblütig verteidigen, wohl keinen gemeinsamen Nenner finden. Vielleicht müssen wir das mal bei einem Bier weiterführen...

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von RFSW ()

    • Wir reden wieder aneinander vorbei. Auch wenn - meines Erachtens nach - ein Patient nicht automatisch zum Notfallpatienten wird, nur weil ein Disponent einen RTW mit SoSi alarmiert hat, kann ich Deinen Ausführungen in dieser Richtung doch im Großen und Ganzen zustimmen.
      Aber nicht jeder so definierte Notfallpatient, ist vital bedroht, oder hat schwere Folgeschäden zu erwarten. Klar kann ich jetzt in ne Exsikkose ein erhöhtes Thromboserisiko rein interpretieren, aber dann muss ich das erst recht bei adipösen Patienten, Rauchern, Frauen im gebärfähigen Alter. "Nehmen Sie die Pille, gute Frau?" "Jaaaaa." "Dann muss ich Ihnen jetzt reichlich Flüssigkeit zukommen lassen, Sie haben ein erhöhtes Thromboserisiko." Das Legen eines Zuganges kann bei erhöhtem Thromboserisiko übrigens zum Ablösen des Thromus führen... Blöd.
      Wenn ich eine Maßnahme durchführen WILL, dann kann ich sie auch vor mir selbst irgendwie rechtfertigen. Die Frage ist nur, bin ich wirklich die relevante Instanz?


      RFSW schrieb:

      Auch der Arzt oder die Krankenschwester hat dann ein Problem. Wo ist der Unterschied?
      Beim Arzt? Bei ihm ist es ein Kunstfehler, der von der Kunstfehlerversicherung abgedeckt wird. Die Schwester handelt in aller Regel auf Delegation eines Arztes, der den Patienten zumindest schonmal gesehen hat, folglich - jetzt kommt das böse Wort - dafür auch die Verantwortung trägt und im Zweifelsfall rechtfertigen muss, warum er nicht selbst die Viggo geschoben hat.
      Der NotSan handelt - gemäß NotSanG - eigenverantwortlich. Damit ist auch die Arbeitgeberhaftung raus, denn es ist EIGENverantwortlich.

      RFSW schrieb:

      Im übrigen bleibt es auch für einen Arzt eine Körperverletzung. Denn auch der Arzt muss um Erlaubnis fragen!
      Beim Arzt ist es - Einwilligung vorausgesetzt - Therapie. Beim NotSan bleibt Körperverletzung. Es gibt da ein Bundesgesetz, welches das regelt, es heißt Heilpraktikergesetz. Ist ewig alt und sicherlich wäre es Zeit, es zu überarbeiten, aber dennoch gilt es.

      RFSW schrieb:

      Ich tue mir auch mit dem Begriff "rechtfertigender Notstand" schwer. Natürlich kenne ich ihn, aber dieses Konstrukt stammt ja noch mehr aus der Zeit des Rettungsassistenten, eben weil dort die Lernziele, das "können müssen" nicht so umfangreich beschrieben wurde wie beim Notfallsanitäter. Auch wurde dort nur festgehalten, dass er lebensrettende Maßnahmen bis zum Eintreffen des Notarztes durchführen soll, als reiner Helfer des Arztes. Von da bzw. aus der Zeit stammt ja auch der Begriff "rechtfertigender Notstand", der auf den §34 StGB beruht. Natürlich ist der Paragraph nun nicht weg; für MacGyver hat dieser immer noch Bestand, wenn der mit einem Kugelschreiber schnell einen Luftröhrenschnitt machen muss (oder Opa Piepenbrink mit seiner Schrotflinte den Einbrecher erschießt um sein Leben zu retten, der ihn gerade mit dem Messer ans Leder wollte).
      Nein, er muss weiterhin abgewendet werden und gilt auch erst recht für den NotSan. Die viel versprochene Rechtssicherheit existiert nicht. Es ist derselbe Mist, wie vorher, nur dass man uns glauben macht/machen will, dass nun alles besser ist.

      RFSW schrieb:

      U.a. wird da auch von eigenverantwortlicher Versorgung gesprochen, vom Entscheiden müssen, ob ein Notarzt nachgefordert werden muss, usw. Es ist also ein ganz anders Konstrukt wie das ehemalige RettAssG. Detailreicher, umfangreicher.
      Ist es nicht. Der RettAss hat gelernt zu beurteilen, ob ein NA nötig ist, ein NotSan auch. Und dabei sind die in der Ausbildung erlangten Fähigkeiten irrelevant. Ein NotSan lernt auch Thoraxpunktionen, Thoraxdrainagen, Schmerztherapie, medikamentöse Therapie bei Bradykardie, medikamentöse Therapie bei Aortenaneurysmen und vielem mehr. Das hast Du gelernt, das hab ich gelernt. Nach Deiner Argumentation, bräuchtest Du keinen NA, Du hast ja gelernt, was man machen muss. Würde Dir aber - hoffe ich - niemals in den Sinn kommen. Ich wiederhole: Können heißt nicht dürfen.


      RFSW schrieb:

      Orale Flüssigkeitszufuhr geht natürlich auch, ist weniger "invasiv", dauert aber auch wesentlich länger bis eine Wirkung eintritt. So trat die Wirkung schnell auf. Das grundlegende Problem ist aber eher das, dass ich in meinem RTW keine Auswahl von Erfrischungsgetränken anbieten kann.
      Es gibt kein Problem. Wenn es der Patientin so gut geht, dass sie trinken kann, kann das warten, bis sie im KH ist.


      RFSW schrieb:

      konform mit den Lernzielen. Sicher, wir haben schon festgestellt, dass es sich um ein Berufsausbildungsgesetz handelt. Aber dort wird beschrieben, was ich später, nach der Prüfung können muss, womit ich auch wieder in die Garantenstellung komme.
      Du sagst es: es ist ein Berufsausbildungsgesetz. Dem gegenüber steht ein Berufsausführungsgesetz (HeilPraktikerG), welches die Personengruppen nennt, welche invasive Maßnahmen regelhaft ergreifen darf. Da steht der RDler nicht drin. Wie auch, das Gesetz ist älter als der profesionelle RD, dennoch gilt es.


      RFSW schrieb:

      Ich bin mir sicher, dass der monetäre Druck sowie der Ärzte- und Fachkräftemangel und der demographische Wandel in Zukunft zu ein Umdenken führen muss.
      Richtig. Es MUSS zu einem Umdenken FÜHREN. Hat es aber noch nicht. Das NotSanG denkt da etwas voraus, was ja auch nur sinnvoll ist, wenn man bedenkt wie lange dieses Gesetz auf dem Weg war. So lange es aber keine Anpassungen in höherwertigen Gesetzen gibt (rat mal welches zum Beispiel), ist es sch**ßegal, was der NotSan alles kann. Er darf das meiste schlichtweg nicht (außerhalb des rechtfertigenden Notstandes).


      RFSW schrieb:

      Gut, vielleicht sollten wir ein Ende der Diskussion finden.
      Aber das letzte Wort musste ich haben. :P


      RFSW schrieb:

      Gut finde ich aber, dass die Diskussion fachlich-konstruktiv und freundlich ablief.
      Same here.


      RFSW schrieb:

      Aber inhaltlich werden wir in den kleinen Details, die wir hier so heißblütig verteidigen, wohl keinen gemeinsamen Nenner finden. Vielleicht müssen wir das mal bei einem Bier weiterführen...
      Was die beiden Punkte angeht, kann ich Dir voll und ganz zustimmen. :beers:
    • Es freut mich, hier eine Diskussion verfolgen zu können, die keiner Intervention bedarf.
      Sehr interessant zu lesen. Lob an alle Diskussionsteilnehmer! :thumbup:
      Liebe User, Antworten auf nahezu alle Fragen zur Sim liefert euch unser Wiki. Dort ist detailliert erklärt, was ihr bei LstSim alles machen könnt und es gibt Lösungen für viele Probleme! Wir empfehlen allen Leitstellenerbauern ausdrücklich sich dort zu informieren!
      Auch interessant: FAQ
    • TheOssi schrieb:

      Aber das letzte Wort musste ich haben.
      Schon okay, der klügere gibt nach! Doppelsmiley :P :P

      Ich denke mal, dass wir da keine gemeinsamen Nenner finden werden, was diese Details betrifft. Das hin und her zitieren wird auch langsam unübersichtlich. Vielleicht erklärst Du mir nur noch mal kurz, wie ihr Patienten nennt, die zwischen vital-kritisch und einem Krankentransport sich befinden, wenn ihr diese Patientengruppe dawischen trotzdem als Notfallrettung mittels RTW abrechnet? Dann noch das: Gibt es bei euch die "Versorgung vor Ort", also ohne Transport?
    • Die RTW-Kunden nenne ich auch Notfallpatienten. Aber ein Notfallpatient muss nicht zwangsläufig vital kritisch sein. Der frische Apoplex profitiert von nem schnellen Transport, vorzugsweise unter erweiterter Überwachung. Der ist nicht zwangsläufig vital gefährdet, wenngleich schwere Folgeschäden zu erwarten sind. Den transportiere ich mich bestem Gewissen ohne NA mit Geläut zur nächsten Stroke. Gestürzte Personen mit Frakturen sind Notfallpatienten, spritzende Blutungen sind Notfallpatienten. Das sind aber alles Dinge, die ich zumeist ohne NA mit nicht-invasiven Maßnahmen abarbeiten kann, wenn die Kreislaufsituation des Patienten passt.
      Das heißt aber nicht, dass ich nicht auch nen als RTW mit SoSi alarmierten Einsatz als KT abrechne, wenn es sich vor Ort als solcher rausstellt. Bei Einsätzen im Grenzgebiet zwischen KTW und RTW schaue ich, ob ich Maßnahmen ergriffen habe, die aufm KTW nicht möglich gewesen wären (EKG, Lagerung, usw.). Wenn ja, ists n RTW, wenn nein gehts als KTW durch.
      Versorgung vor Ort kann bei uns gemäß SGB V nur abgerechnet werden, wenn eine Behandlung stattgefunden hat. Und - jetzt kommts wieder - behandeln kann (im Sinne des Gesetzes) nur ein Arzt. Folglich ist ein NAW-Einsatz ohne Transport eine Behandlung vor Ort (volle Einsatzpauschalen für RTW und NEF), ein RTW-Einsatz ohne Transport eine Fehlfahrt.
    • Na dann sind wir uns ja schon einmal einig, dass meine Exsikkose-Oma ein Notfallpatient war! :love:

      Dann kommen wir wieder zu den örtlichen Strukturen. Hier werden RTW-Leistungen ohne Transport, bei einem vorgefundenen Patienten mit Untersuchung und Beratung, als Versorgung abgerechnet, wenn nicht transportiert wird. Auch ohne Arzt. Schon immer. Und die Krankenkassen motzen deswegen seit Jahrzehnten nicht rum und bezahlen das. Komische Welt.