Schnellbefreiung bei VU

    • Schnellbefreiung bei VU

      Hallo Forum!
      In Norwegen wird seit mehreren jahren eine neue/andere metode zur befrieung von eingeklemmten Personen beim VU benutzt.

      Sie heist auf norwegisch Hurtigfrigjøring, also Schnellbefreiung, und berüht darauf, statt mit hydraulikkolben das auto "zu öffnen", das auto regelrecht mit roher gewalt zwischen zwei Feuerwehrfahrzeugen auseinanderzuziehen. Argumentiert wird damit, das diese Metode sehr viel schneller ist als die konventionelle Metode, die, soweit ich weiss, noch überall in Deutschland im gebrauch ist.

      Ich wollte mal fragen was ihr von dieser Metode hält! Zu gefährlich? Oder die Zeiteinsparung wert?
      Und eine Frage: Wird diese metode in DE praktiziert?

      Hier mal ein paar videos zum anschauen.

      Sørreisa Brannvesen - Hurtigfrigjøring

      NM i Hurtigfrigjøring (Gewinner der Norwegische Meisterschaft der Schnellbefreiung, 2014)
      AMK-vagtsentral Region Sjælland (DK) ID: 53185
      SOS-central Stockholm (SE) ID:17508
    • Hmm, das mag zwar schnell gehen, aber ist das auch Patienten schonend?
      Das Auto ist doch quasi dauernd in Bewegung. Und was wenn da eine Person blöd verklemmt ist?

      Aber Personal spart es definitiv. Bei der WM waren ja, wenn ich es richtig gesehen habe, nur 4-5 FW-Männer.
      Und Zeit wohl auch.

      Ist halt die Frage, wie hoch das Risiko ist, dass durch die Bewegungen mehr Verletzungen entstehen, im Gegensatz zur Zeitersparnis betreffs Golden Hour.
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    • In Norwegen sind ca. 4 mann auf einem LF standard. Also mehr personal gibt es sowieso nicht.

      Es wird allerdings natürlich nicht in absolut allen fällen benutzt, das LF hat ja noch schere, spreizer und normal auch einen kolben, aber es ist die gängigste metode. Anscheinend scheint das risiko nicht so hoch zu sein wie es aussehen mag. Allerdings spielt zeit bei den langen abständen in Norwegen doch eine sehr große rolle.

      Am ende des NM filmes sieht man 2 mitarbeiter der BF Stuttgart auf studientour ^^
      AMK-vagtsentral Region Sjælland (DK) ID: 53185
      SOS-central Stockholm (SE) ID:17508
    • Also ich kann nur für meine Region sprechen aber hier wird das nicht gemacht. War bei uns zwar mal im Gespräch kam aber nie zu einer praktischen Umsetzung bzw. mal in einer Übung getestet.

      Bei den Bedenken kann ich mich F. Köhler nur anschließen. Aber zumindestens die Einklemmung sollte man erkennen können wenn man vorher mal schnell in das Fahrzeug guckt. In manchen Situationen ist das sicherlich sinnvoll in manchen aber bestimmt auch kontraproduktiv.
      Leitstelle Ennepe, kommen Sie!


      Avatar Leitessen, Chr2, Grisu118 und Westfale
    • Ich kann mich nicht erinnern, das bei uns so etwas angesprochen wurde.
      In unserer Region entscheidet der NA, bzw. der RA was letzendlich gemacht wird. Crashrettung und schön auf Zeit.
      An Personal mangeld es bei uns eigentlich nicht. Nach 8 Min. sind in 80% der Fälle eine Staffel vor Ort und 15min. nach Alarm ein Zug.

      Persönlich gehe ich nach dem Zustand des Pat.. Sollte eine neuer unbekannter Faktor eintretten, der den Zustand gefährdet, ist die Methode durchaus sinnvoll.
    • Na ja dafür kann man ja das richtige Material anschaffen mit genügend Bruchlast. Ich seh bei wirklich klemmenden Patienten, eher das Problem weiterer Schäden.
      Das Bein wäre nach 45 min "deutscher" Rettung noch zu retten. Nach der Methode ist es weiter aufgerissen oder ab und vllt nicht mehr zu retten, obwohl er 30 min im KH ist.
      Diese Methode macht aus meinen Augen primär Sinn wenn der Patient in sich hinein blutet. Wo das nicht 100% klar ist, lieber langsamer dafür keine weiteren Schäden.
      Außerdem erstmal das Auto wegziehen um dann die Methode anzuwenden, geht in meinen Augen garnicht siehe Video 2
    • Da bin ich voll Deiner Meinung, Lumi. Das Unfallfahrzeug mitsamt dem Verletzten und Eingeklemmten vor der eigentlichen Rettung zu bewegen ist auch in meinen Augen ein absolutes No Go. Bei beiden Unfallmustern musst Du als Einsatzleiter Feuerwehr immer davon ausgehen, dass der Eingeklemmte Wirbelsäulenverletzungen davongetragen hat.

      Das Auseinanderziehen mag zwar schnell Platz am Patienten schaffen, aber gerade in Video 1 bin ich mir nicht wirklich sicher, dass man einem Patienten, der an den Beinen eingeklemmt ist, nicht noch mehr Schaden zufügt. Die Lenksäule mag sich zwar gut wegziehen lassen, aber der Pedalträger schiebt sich bei dieser Bewegung - trotz Entlastungsschnitt im unteren Bereich der A-Säule / am Schweller - trotzdem unweigerlich in Richtung Fahrzeuginneres. Das ist allein schon dem Drehpunkt geschuldet. Zudem bewegt sich das Auto an sich sehr stark. Nicht umsonst lernt man bei uns das Fahrzeug erst zu unterbauen und zu stabilisieren, bevor etwas anderes passiert. Mit patientengerechter Rettung hat das absolut nix zu tun.

      Weiter entstehen Unfallgefahren für die Einsatzkräfte - bedingt durch das viele parallele Arbeiten am Fahrzeug - , wenn das Fahrzeug von hinten fixiert wird. Stolperfallen sind ebenfalls durch die wild geführten Hydraulikschläuche vorprogrammiert. Ein Alptraum jeder deutschen Feuerwehr-Unfallkasse... ;)

      Auch, wenn es dort Gang und Gäbe sein soll. In Deutschland wäre dies ein Zeichen für eine sehr unprofessionelle und/oder schlecht ausgebildete Feuerwehr.

      Und gerade da, wo ein solches Vorgehen vielleicht Sinn machen "könnte" (Massenunfälle und Frontalzusammenstöße) kann man diese Art Rettung mangels Platz nicht durchführen - es sei denn, man zieht erst jedes Fahrzeug durch die Gegend.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Manu Schwarzenberger ()

    • Manu Schwarzenberger schrieb:

      Auch, wenn es dort Gang und Gäbe sein soll. In Deutschland wäre dies ein Zeichen für eine sehr unprofessioneller und schlecht ausgebildeter Feuerwehr.
      Naja, so pauschal verurteilen würde ich das Vorgehen trotzdem nicht. Auch egal was eine Unfallkasse dazu sagt, die muss ggf. auch mit der Zeit gehen.

      Wie richtig festgestellt wurde, haben beide Methoden, deutsche Gründlichkeit und diese Schnellbefreiung ihr Vorteile. Und letztere würde dort nicht praktiziert, wenn sie keinen Erfolg brächte.

      Optimal wäre aus meiner Sicht, wenn die FW beide Methoden im Repertoire hätte und je nach Situation anwenden könnte.
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    • Lumidor schrieb:

      Na ja dafür kann man ja das richtige Material anschaffen mit genügend Bruchlast.

      Das erklär in Zeiten knapper Kassen mal dem zuständigen Kämmerer. Es hat nen Grund, dass Feuerwehren oft mit Autos die 20 Jahre undw älter sind durch die Gegend fahren. Und das rwird nicht der Nostalgiefaktor sein.
    • So ganz neu ist das auch in D nicht. Als ich damals angefangen habe, wurde das durchaus noch manchmal erfolgreich praktiziert. Natürlich nicht ohne das man sich vorher und währenddessen vergewissert hat das der Patient dadurch keine weiteren Schäden davonträgt. Da dies aber vermutlich nie ganz auszuschliessen ist und ein Restrisiko bleibt, ist das wohl nicht weiter verfolgt worden.

      BFM 112
    • Ich nehme schon an das diese Metode nur in Fällen benutzt wird wo die Zeit wirklich drängt, aber bei den langen Abständen in Skandinavien drängt die Zeit bei Fahrzeugbefreiungen etwas öfter als in DE ;)

      Spannend zu hören was ihr darüber denkt :) Auch sehr Spannend das diese Metode anscheinend schon mal in einigen Regionen getestet wurde, und warscheinlich aus den oben diskutierten Gründen verworfen wurde!
      AMK-vagtsentral Region Sjælland (DK) ID: 53185
      SOS-central Stockholm (SE) ID:17508
    • Also das nennt sich "Kettenzugmethode" (auch Oslo-Methode) und wird mittlerweile unter anderem bei der BF Ingolstadt so gemacht. Laut BF Ingolstadt dauert der Aufbau sämtlicher Gerätschaften (Ab Eintreffen bis zum Spannen der Seile) nur 4 Minuten.

      Die BF empfiehlt:
      • Je schwerer die Verformung des Fahrzeuges
      • Je massiver die Karosserie
      • Je dringender die Befreiung des Patienten
      >> Kettenzugmethode


      In Norwegen wurde diese Methode seit 1998 schon über 4000 mal ohne Zwischenfälle angewandt (Stand etwa 2012).

      Ich persönlich habe diese Anwendung noch nie in meiner Umgebung gesehen
      und wüsste nicht, dass es schon mal angewendet wurde in meinem
      Landkreis.
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      (Grafiken von Westfale, Grisu118 und Chr2)

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von D5B ()

    • Man darf bekanntlich niemals nie sagen. Das Problem mit der Methode ist ja recht eindeutig der Platz.

      Für mich persönlich eine ultima Ratio bei schwersten Klemmungen wo das Blech quasi zu Vollmaterial zusammengedrückt wurde.

      Das Video betreffend würde ich zwei neben der erfolgreich ignorierten UVV :P auch überlegen ob ich die Tür nicht rausnehme... würde den Entlastungsschnitt vereinfachen und der PKW würde evtl in der Mitte nicht so sehr knicken weil der Drehpunkt woanders liegt. Müsste man probieren.

      In jedem Fall merken wenn man mal nicht weiter weiß, aber als "primären" Weg zur Rettung eingeklemmter denke ich eher abwegig nach deutschem System.
      :wacko: Ihr wisst ja, Feuer brennt in jedem Bundesland anders. :rolleyes: