(Frau) Leukämie - Kind kriegen und sterben , Chemo aber Kind stirbt - ethisch gesehen was richtig ?

    • (Frau) Leukämie - Kind kriegen und sterben , Chemo aber Kind stirbt - ethisch gesehen was richtig ?

      hi,
      eine ethische frage ...
      eine frau erkrankt an leukämie, ist jedoch aber schwanger, ihr wunschkind, wenn sie chemo macht ist das kind sehr gefährdet, wenn sie keine chemo macht, kann sie das kind zur welt bringen jedoch hat sie dann nicht mehr lange zu leben und würde sterben.

      • wie ist das jetzt ethisch zu sehen, wer hat priorität und wer ist an zweiter stelle ?
      • wie wäre eure persönliche meinung zu diesem thema ?
      danke :)
    • Hallo,

      an einer ethischen Rangordnung würde ich mich niemals versuchen. Die Entscheidung muss letztendlich die Patientin selber treffen, nach Rücksprache mit ihren Angehörigen. Das Team im Krankenhaus (Ärtzte verschiedener Fachdisziplinen und Psychologen oder auch Seelsorger) können lediglich die Optionen aufzählen und unterstützend tätig sein. Die Entscheidung der Patientin muss, wie auch immer die eigene Meinung sein sollte, dann akzeptiert werden.

      Eine Meinung kan ich mir ohne alle Details des Falles zu kennen sowieso nicht bilden und sie hätte sowieso keinerlei Konsequenz.
    • Wobei hier nicht der Mutter-Instinkt unterschätzt werden darf. Mütter, oder auch Eltern allgemein, sind durch aus eher bereit dazu sich selbst zum Wohle ihres Kindes/ihrer Kinder zu opfern. Als Vater von drei Kindern kann ich das durchaus nachvollziehen, da das Wohl meiner Kinder für mich ein höheres Gut ist wie mein eigenes Wohl. Dieses muss nicht immer rational bzw. nachvollziehbar sein, oft ist es ein instinktives Verhalten seine Kinder zu schützen. Wie weit dieser "Schutzzwang" im Ernstfall gehen mag...? Ist in der Tierwelt auch nicht anders...

      Gruß
    • Eventuell abwarten, bis das Ungeborene lebensfähig ist, mit Sectio raus und im Anschluss daran mit der Zytostatikatherapie bei der Kindesmutter beginnen.

      Diese Option kann aber nur in Erwägung gezogen werden, wenn die Mutter mind. im zweiten Trimester ist (ca. 24+0), denn hier ist die Überlebenschance des Frühgeborenen bei 60-80%.

      Was aber auch die Frage ist, ist die Lokalisation und die Art des Tumors, von der die Kindesmutter betroffen ist. Wächst der Tumor rasant und infiltriert rasch angrenzendes Gewebe sowie besteht die Gefahr einer Streuung? Wenn ja, sollte unverzüglich mit der Chemotherapie begonnen werden.

      Ein anderes Problem ergibt sich dann aber auch durch die Chemotherapie: Es könnten die Ovarien dahingehend geschädigt werden, dass keine Eizellen mehr produziert werden.

      Zu guter Letzt ist es die Entscheidung der Mutter in Rücksprache (oder auch nicht) mit ihren Angehörigen. Wie einer der Vorposter schon gesagt hat, kann das medizinische Personal nur die Möglichkeiten mit den Vor- und Nachteilen aufzählen, nicht aber die Entscheidung nehmen. Ausnahmen bilden hierbei natürlich lebensbedrohende Situationen, in welchen die Kindesmutter oder das Kind vital bedroht sind. Hier muss dann jemand (falls die Kindesmutter nicht in der Lage ist) die Entscheidung treffen - dies wird in den meisten Fällen auf den Erzeuger des Kindes zutreffen. In diesem Sinne ist es deshalb wichtig, dass dieser die Meinung der Kindesmutter vertritt (ev. Patientenverfügung, sichert besser ab).

      Auf jeden Fall eine sehr interessante Fragestellung!
    • Ethisch gesehen ist das sicher sehr schwer zu beurteilen, wenn nicht gar unmöglich. Man kann hier verschiedene Ansätze anwenden, ich möchte einen etwas utilitaritischen Ansatz wagen, ohne ihn selbst zu unterstützen:

      Die Frau hat in ihrem Leben bereits Leistung gebracht, diese Leistung ist vorhanden. Sie hat geschätzt X Jahre weniger (X = Alter der Frau), ehe sie natürlich verstirbt, als das Kind hätte, um Leistung zu erbringen. Daher könnte man das Leben der Frau durchaus als weniger wertvoll für die Allgemeinheit ansehen als das Leben des Kindes.

      Ich möchte betonen, dass ich hier keineswegs die von mir angebrachte Wertung persönlich unterstütze oder hier irgendwem eine andere Meinung absprechen möchte, lediglich versuche ich mich an der Beantwortung der Frage nach der ethischen Bewertung.
      Die oben genannte Wertung kann man natürlich auch umkehren, mit mehr Blick auf das "Jetzt": Das Kind wäre als Waise eine Belastung für die Gesellschaft, die Frau könnte nach einer erfolgreichen Behandlung unmittelbar wieder ihren Dienst an der Gesellschaft leisten, so dass ihr Leben den Vorrang hätte.

      Man sieht schon an diesen zwei verschiedenen, rational zu bejahenden Möglichkeiten, dass es hier auf dem ethischen Level nicht DIE richtige Entscheidung gibt.
      Ohne auf die konkreten medizinischen Fragen einzugehen, möchte ich noch einen dritten Ansatz vorbringen, der rein und ausschließlich auf dem Ursprungs-Beitrag basiert.

      Dieser postuliert folgendes:

      Beginnt die Frau die Chemo-Therapie, setzt sie damit das Leben des Kindes auf's Spiel, es könnte Schäden davontragen, wäre aber nicht sicher tot.
      Beginnt die Frau die Therapie nicht, wird das Kind sicher lebend geboren, die Frau aber stirbt sicher.

      Aus Situation 1 ergibt sich eine gewisse Chance, beide Leben zu erhalten, jedoch könnten auch beide sterben. Situation 2 rettet ein Leben sicher, sorgt aber auch für den sicheren Tod. Oder anders: Situation 1 bietet die Chancen 0, 1 oder 2 Leben zu retten, Situation 2 rettet 1 Leben. Auf dieser Rechnung basierend müsste man nun die konkreten Chancen für jedes aus Situation 1 resultierende Ergebnis abschätzen. Wäre es sehr wahrscheinlich, beide Leben oder wenigstens eines zu retten, wäre diese Variante ethisch zu bevorzugen. Wäre die Wahrscheinlichkeit, dass beide sterben oder nur einer überlebt größer als die, dass beide überleben, könnte man zur Verweigerung der Chemo tendieren.

      Natürlich sind derartige Fragestellungen und ihre Beantwortungen immer rein fiktiv, realitätsfern und vernachlässigen viele Faktoren - Emotionen, konkrete medizinische Möglichkeiten, Situation der betroffenen Personen undsoweiter. Aber diese Antwortansätze sind definitiv auch geeignet, zum Denken anzuregen.
    • Als ehem. leitender Pfleger einer Hämatologie und Knochenmarktstransplant erlaube ich mir meinen Senf dazu zu geben.

      Wesentlich ist erstmal die SSW. Bei einer jungen SSW ist das Überleben des ungeborenen Kindes extrem fraglich, wenns von Laukämiezellen und leukämischen Infiltraten aus dem mütterlichen Kreislauf überschwemmt wird.
      Bei einer älteren Schwangerschaft kann sich das Problem tatsächlich stellen - meist mit dem Ergebnis, dass das Überleben Mutter UND Embryo/Fötus nicht erreicht werden kann.

      Die zweite Frage ist die Leukämieform
      Akut oder Chronisch und gerade bei den akuten wiederum welche Form genau.

      Wir haben das was wäre wenn oft diskutiert - die Entscheidung im realen Leben wurde uns meist sehr schnell von der Natur abgenommen.

      LG Viktor