Benutzung des Begriffs "Schock"

    • Benutzung des Begriffs "Schock"

      Hallo zusammen :)

      Habe das bisher nicht als Thread gefunden, deswegen wollte ich Euch mal was fragen/ansprechen. Das mache ich jetzt hier im Off-Topic Bereich, denn das im Spiel zu ändern wäre zu viel Aufwand.

      Nun zum Thema: Mir rollt es fast jedes Mal die Zehennägel auf, wenn ich etwas wie "..die Angehörige steht unter Schock. Schicken sie einen KTW" lese. :huh:
      Das spreche ich so blöd an, da mir in der Ausbildung immer wieder und wieder eingetrichtert wurde, dass ich beim Umgang mit Fachpersonal nur Schock sage, wenn ich auch den medizinischen Schock meine.

      Mir ist klar dass wir hier die verschiedensten Ausbildungsstände an Notfallmedizinern, Studenten und Laien haben. Und dass in der Realität (durch Profis) das Wort Schock immer noch seeeehr oft so benutzt wird; mich hat es nur gewundert dass in der Sim für Patienten mit psychisch bedingten Kreislaufstörung fast ausnahmslos "Schock" gesagt wird. Wie kommt es dazu, dass das keine Besatzung anders nennt? Oder bin ich da kleinkariert, weil bei mir so viel Wert darauf gelegt wurde? ?(

      Kann ja mal wieder sein dass von der Organisation/Region abhängt dass es mir so eingetrichtert wurde.

      Ich würde das am Funk ja mit "(akute) psychischer Belastungsreaktion", "schlechter Kreislauf/Kollapsneigung nach Todesbenachrichtigung" etc. pp. titulieren, wenn ich dafür nen KTW brauche.

      Was sagt Ihr denn bei Euch? Kriegt Ihr das auch so beigebracht, oder ist der Begriff in dem Zusammenhang noch so üblich?
    • DEN Schock an sich gibt es nicht.

      Im Bereich der Notfallmedizin werden verschiedene Schockformen unterschieden. Wichtig ist jedoch, daß vor dem Wort Schock die Bezeichnung des aktuellen Geschehens angegeben wird (z.B. anaphylaktischer Schock)

      Psychische Reaktionen als Schock zu bezeichnen ist jedoch ebenfalls fachlich korrekt. In der internationalen Klassifikation von Erkrankungen der WHO (ICD) ist unter der Verschlüsselung F43.0 (akute Belastungsreaktion) der psychische Schock erfasst.

      Der psychische Schock ist also durchaus auch ein medizinischer Fachbegriff.
    • Habe ja auch allgemein vom Schock als Notfallbild gesprochen, die ganzen Formen sind mir sehr gut bekannt. Durfte ja auch eine gute Ausbildung genießen.
      Man kann ja auch z.B. von einer Fraktur i.A. sprechen, obwohl es nicht "die eine" Fraktur gibt ;)

      Je nach Buch/Autor gibt es sogar für den Schock unterschiedliche Definitionen. Habe jetzt keine Lust meine ganzen Lehrbücher vorzukramen. Aber ich denke ich kann mit Fug und Recht behaupten:

      - Der Begriff Schock in der Notfallmedizin (egal welche Form), steht für einen lebensbedrohlicher Notfall. Davon rede ich ja die ganze Zeit
      - Laien/Medien, sogar manchmal Fachpersonal sagen destotrotz Schock für eine psychische Ausnahmesitaution
      - Gängige notfallmedizinische Werke/Standardliteratur führen einen sog. "psychischen" oder "psychogenen" Schock nicht unter den Schockformen auf. (Wenn jemand ein Werk kennt, dann her mit damit :D )
      - Ein schlechter Kreislauf/Kollaps/Synkope durch einen psychischen Ausnahmezustand ist KEIN lebensbedrohlicher Notfall (sollte aber trotzdem ernst genommen werden)

      Auch wenn die ICD einen "psychischen" Schock aufführt, so ist das IMHO entweder nicht konsequent, falsch Bezeichnet oder es wurde die Laienbezeichnung verwendet. Auch hier lasse ich mich eines besseren belehren, es gibt nichts was echt nicht gibt. Wenn jemand einen Fall kennt, bei dem ein Patient aufgrund einer psychischen Reaktion einen dekompensierten, relativen Volumenmangel erlitten hat der lebensbedrohlich oder letal war, dann auch her damit! Ich mag Stories hören :thumbsup:

      Mir ging es eigentliuch nur um die Benutzung des Worts "Schock" am Funk. Ich war nur der Meinung, dass das Profis nicht so oft bei einer Nachforderung zusammen mit "KTW" in den Mund nehmen ;)
    • Agor schrieb:


      Auch wenn die ICD einen "psychischen" Schock aufführt, so ist das IMHO entweder nicht konsequent, falsch Bezeichnet oder es wurde die Laienbezeichnung verwendet. Auch hier lasse ich mich eines besseren belehren, es gibt nichts was echt nicht gibt. Wenn jemand einen Fall kennt, bei dem ein Patient aufgrund einer psychischen Reaktion einen dekompensierten, relativen Volumenmangel erlitten hat der lebensbedrohlich oder letal war, dann auch her damit! Ich mag Stories hören :thumbsup:
      Mal davon abgesehen, dass Schock durch zu wenig Volumen nur eine Form ist, ist Schock generell eine akut lebensbedrohliche Situation, durch a Zentralisierung des Kreislaufes - was mir neu ist, ist, dass "Psychischer Schock" anscheinend doch nicht "der" medizinische Schock ist

      Ist mit aber auch shco aufgefallen, dass hier Schock öfters in der "Zeitungsversion" gebraucht wird - was agesichts des Großteils der Spieler zu überdenken wäre, das zu ändern...
    • Habe mal zum Spaß in die ICD geschaut... die ist wirklich nicht so ernst zu nehmen, zumindest für den Alltag in der Rettungsmedizin. Da gibt es Bezeichnungen für ALLES, damit der Druide auch irgendeinen ICD Schlüssel zum Aufschreiben hat. Dort gibt es unter T75.0 bzw. R57 so richtig geile Bezeichnungen wie "Schock durch Blitzeinschlag" :thumbsup:

      Siehe: dimdi.de/static/de/klassi/diag…1/block-t66-t78.htm#T75.0 und dimdi.de/static/de/klassi/diag…mtl2011/block-r50-r69.htm
    • Also grundsätzlich gehe ich davon aus, daß die Klassifikationen der WHO fachlich korrekt sind. "Nur" weil ggf. einige Bücher oder Dozenten eine andere Auffassung vertreten muß das nicht DIE (ganze) Wahrheit sein.

      Das Roche Lexikon (online) definiert den psychischen Schock wie folgt:

      Schock, psychischer
      ein als Reaktion auf ein plötzliches, überwältigendes Erlebnis auftretendes emotionelles Syndrom oder ein Emotionsstupor, begleitet von vegetativen Symptomen; bei stärkerer Wirkung auch als echter Schock ähnlich dem primär-neurogenen.


      Hat noch niemand erlebt wenn Patienten nach überbringen einer Todesnachricht, bei Mitteilung einer Diagnose oder auch bei schweren Verkehrsunfällen - ohne (lebensbedrohliche) körperliche Verletztung - zittrig, kaltschweißig, blass, hypoton oder gar kurzfristig bewusstlos... wurden? Sollte das tatsächlich keine potentiell lebensbedrohliche Form des psychischen Schocks sein?
    • Also alles was Du gesagt hast, habe ich oft schon erlebt. Auch die Synkopen. Aber ich habe nichts lebensbedrohliches gesehen. Da bin ich auch gespannt was die anderen sagen/berichten! Bitte teilt Eure Erfahrungen mit!

      Ich meine wirklich den Notfall, bei dem der NA, mehrere großlumige Zugänge, Katecholamine/vasokonstringierende Medis, meist Volumentherapie usw. usw. indiziert sind. Und dass der Patient ne GCS von 3 hat und dass die ganzen Organe wegen der massiven Hypotonie kurz vorm abnippeln sind. Durch internistische Ursachen kommt das präklinisch eh schon selten vor, mein trifft ja meist auf den hypovlämischen Schock. Der Schock ist natürlich auch im noch kompensierten Stadium schon bedrohlich...
    • Ne, ich mag nicht unbedingt Recht behalten, ich mag nur fachlich angeregte Diskussionen! ;) Ich mag auch keinen angreifen oder meine etwas persönlich, ich finde es gut wenn man sich fachlich austauscht und diskutiert. Habe nur meine Meinung kund getan und bin gespannt was die anderen davon halten. Wenn ich falsch liege, lerne ich auch gerne was dazu. Jetzt habe ich das Gefühl dass wir aneinander vorbei reden, deswegen zum klar stellen:

      Mir ging es darum: Wenn ein "echter" Schock vor liegt, muss ein NA mit der vorher genannten Therapie her! Deswegen fand ich es auch komisch dass die meisten nen KTW auf einen "Schock" nachbestellen. Kommt in echt auch mal vor dass das jemand auf dem Funk sagt, aber nicht allzu oft.

      Mein Punkt war der: Das was als i.A. psychischer Schock bezeichnet wird, ist meiner Meinung nicht lebensbedrohlich. Und ich habe Dich so verstanden, dass Du den Standpunkt vertrittst dass es einen lebensbedrohlichen, "echten" psychischen Schock gibt. Und ich fand es fraglich, ob es den wirklich gibt. Oder gab es ein Missverständnis?
    • Ah, wir kommen uns tatsächlich etwas näher ;)

      Ich sprach von potentiell lebesbedrohlichen Situationen bei einer Bewusstlosigkeit die ja auch durch den sog. psychischen Schock ausgelöst werden kann. Und um z.B. Angehörige zu betreuen ist ein KTW allemal ausreichend.

      I.d.R. wird am Funk bei einer Nachforderung des KTW durch einen RTW wohl auch keine umfangreiche Diagnose ala "psychischer Schock aufgrund akuter Belastungsreaktion nach überbringen von..." angegeben oder die Sinnhaftigkeit einer Nachforderung von der Lst in Frage gestellt.

      Daher sollte es ausreichen wenn wg. einer Form des Schocks (ja darauf bestehe ich jetzt :rolleyes: ) ein KTW nachgefordert wird.

      Einigen wir uns darauf, daß es verschiedene Schockformen gibt, die zum Teil auch nicht lebensbedrohlich sein können aber trotzdem das Wort Schock im Namen führen dürfen? S gibt halt in der Medizin (fast) nix was es nicht gibt...
    • ICD hat nicht für alles eine Nummer, Burn-Out z.B. aber nun wieder zurück zum Topic.

      Schock ist nicht gleich Schock und noch lange nicht lebensbedrohlich. Ein Schock heißt erstmal nur eine disregulation des Kreislaufs. Dass dieser Zustand lebensbedrohlich werden kann, auf Grund der Schockspirale, sollte auch jedem klar sein.
      Zu dem sollte auch klar sein, das alle verschiedenen Ursachen für einen Schock, auch eine andere Verlaufsform, bzw eine andere Geschwindigkeit haben. Ein traumatischer Schock mit zwei offenen Arterien ist nun mal Anders zu behandeln, als ein anaphylaktischer Schock.
      Ein psychogener Schock, sei es durch eine Nachricht oder etwas gesehenes. Ist ganz sicherlich eine besondere Form, der in den seltesten Fällen lebensbedrohlich Endet, aber da auch eine disregulation des Kreislaufs mit Blutdruck abfall, Steigerung der Herzfrequenz vorliegt. Kann man klar von Schock sprechen.
    • Gut, mit der Definiton habt ihr natürlich recht :) Ich denke mal dass das wirklich an den Lehrbüchern liegt... ich habe mich auf die Lehrbücher/Nachschlagewerke berufen. die sagen einfach in der Definition sagen dass der Schock ein lebensbedrohliches (komplettes) Kreislauversagen ist (z.B. Rettungsdienst heute, Taschenatlas RD, der Ziegenfuß etc.). Aber wenn man den Schock mit der Kreislaufstörung definiert ist das natürlich alles 100% richtig was ihr gesagt hat. In der Medizin ist halt nix in Stein gemeißelt und auch Ansichtssache :D